Nicht absurd genug!
Eine sichere Sache, eine tolle Chance schien der Schritt Konrad Vollmars* gewesen damals, als ihn ein früherer Kollege abgeworben hatte, um ein neues Unternehmen zu gründen. Er kannte die Branche, das Geschäft und die Kunden in- und auswendig, und so freute es sich darauf, mit frischem Wind unter den Flügeln eine sichere Existenz aufzubauen, während er zugleich Flexibilität genießen könnte, um seine Kinder, Ursula* und David*, weiter in hohem Umfang zu betreuen, wenn sie bei ihm sein dürfen.
Doch die Pandemie-Maßnahmen konnte Konrad damals nicht vorausahnen. So scheiterte das junge Unternehmen bald, und mit Glück rettete sich Konrad in eine neue Arbeitsstelle – dort wiederum steckte er sogleich in der Kurzarbeit, mit geringerem Verdienst als früher.
Trotz all dem ist es Konrad stets pünktlich gelungen, den Geldunterhalt an die Mutter der Kinder, Alexandra*, zu überweisen. Wie würden Sie darauf reagieren, liebe Leserinnen und Leser? Würden Sie Respekt zollen und sich gar bedanken? Oder würden Sie diese Zuverlässigkeit als „Selbstverständlichkeit“ achtlos abqualifizieren?
Alexandra hat sich weder für das Eine noch das Andere entschieden. Warum? Weil sie das österreichische Unterhaltsrecht zu einer Unverfrorenheit einlädt:
Jeder «Residenzelternteil», das ist in dieser Gesellschaft nicht immer der Alleinerziehende, doch sicher immer der Alleinkassierende, zumeist auf Kosten des anderen Elternteils, hat die Möglichkeit, nach Lust und Laune für die letzten drei Jahre prüfen zu lassen, ob Monat für Monat denn noch zusätzliches Geld zu holen gewesen wäre – und die Summe der nochmals aufs Neue aus dem Unterhaltsbelasteten herausgekratzten Gelder innerhalb 14 Tagen ab Beschluss eintreiben zu lassen.
«Rückwirkender Unterhalt» nennt sich die Verhöhnung jedes vernünftigen Rechtsverständnisses. Wörtlich genommen bedeutete das, dass die Mutter dem Kind hier und heute zusätzliche Mahlzeiten kaufen und zubereiten können soll, die es vor drei Jahren nicht gegessen haben solle, oder Kleidung kaufen können solle, aus denen es schon längst herausgewachsen ist, weil wir uns vorstellen sollen, es könne diese Kleidung «rückwirkend» noch anziehen, so wie damals vor drei Jahren. Schreiben wir widersinnig, klingen wir absurd? Na dann ist ja die Argumentation des «rückwirkenden Unterhalts» treffend beschrieben. Das eigentliche Wesen, des Pudels Kern jedoch lässt sich einfacher auf den Punkt bringen: Alexandra soll sich an Konrad bereichern dürfen, und Alle sind verpflichtet, so zu tun, als ob es sich hier um Kindesunterhalt handelte, weil das besser klingt.
Dabei hatte Alexandra deutlich weniger Betreuungsaufwand, als die Selbstbezeichnung „Alleinerziehende“ vermuten lässt: Mehr als 100 Tage im Jahr betreute nämlich Konrad die Kinder.
Zudem hatte dieser Vater höhere Kosten für die Kinder, weil Alexandra ihnen nicht einmal die notwendige Kleidung für die Zeit beim Vater mitgegeben hatte. Selbst das Unterhaltsrecht gesteht ein, dass der Unterhalt des Vaters dafür da ist, dass die Mutter den Kindern wenigstens die Kleidung kauft, und dass sie diese den Kindern für Zeiten beim Vater mitgibt. Alexandra verweigert, ohne vernünftige Begründung, und Konrad kauft eben nach und kauft somit doppelt, den Kindern zuliebe.
Nun werden Sie meinen, aus der Vernunft heraus: Welche Summe in aller Welt soll Konrad nachzahlen? Sein Einkommen ist sogar gesunken, und ausgerechnet eine Mutter, welche sich unverhältnismäßig viel an Betreuungskosten spart, weil die Kinder so oft beim Vater sind, soll doch dafür nicht noch nachfordern dürfen?
Dann haben Sie nicht mit Österreichs Unterhaltsrecht gerechnet: Alexandra hat die Stirn, den Vater ihrer Kinder sogar rückwirkend «anspannen» lassen zu wollen! Das bedeutet: Obwohl Konrad weniger verdient, sollen wir uns ein höheres Einkommen für ihn ausdenken, und das überdies rückwirkend für vergangene Jahre, nur damit Alexandra damit höheren Unterhalt für die Vergangenheit nachberechnen kann!
Der erste Akt dieses beschämenden Schauspiels wird am Gericht Feldkirch von Anja Ploß* beschlossen: Weil die Kinder in der Vergangenheit einen Alterssprung hatten, wäre der Unterhalt für die Monate vor Corona tatsächlich zu erhöhen gewesen. Die Kosten des Vaters, dafür dass die Mutter den Kindern widerrechtlich ihre Kleidung vorenthalten hatte, lässt sie nicht gelten – weil er diese Ausgaben zu wenig belegen kann. Wenigstens gesteht sie einen lächerlich kleinen Abzug an diesem Unterhaltsraub ein, weil Konrad die Kinder so oft betreut – und die «Anspannung» auf ein Fantasiegehalt mitten in Corona-Zeiten, welche Alexandra verlangt, ist derartig absurd, dass Anja Ploß diesen Nonsens sogar ablehnt – vorerst.
Doch Alexandra fehlt es nicht an Dreistigkeit, zu berufen, bei einem «Rekurssenat». So lesen wir doch tatsächlich einen Beschluss dieses Senats mit der hochwürdigen Unterschrift eines Dr. Ambros Hochroß*, dass Anja Ploß*sich noch einmal an die Arbeit machen darf: Sie hat nämlich zu wenig gründlich abgelehnt, was aus Sicht jedes vernünftigen Menschen von vorneherein völlig unsinnig ist: Eine «Anspannung» auf ein Einkommen, das der Vater niemals hatte, und das noch auf die Vergangenheit.
Männerservice-Report #323, veröffentlicht am 6. September 2022
Betroffene
Konrad Vollmar*
Ursula*, 12 Jahre, und David*, 9 Jahre
In der Verantwortung
Alexandra Vollmar*, Mutter der Kinder
Anja Ploß*, Rechtspflegerin am Feldkircher Bezirksgericht
«Rekurssenat» unter Vorsitz von Dr. Ambros Hochroß*
Österreichisches Unterhaltsrecht
Ort und Zeitraum:
Bezirk Feldkirch, Vorarlberg, Mai 2022