Die Kapitalforderung

Dieter Ballmer* ist Schichtarbeiter. Mit seinem bescheidenen Einkommen konnte er seine sechsköpfige Familie versorgen. Es mag nicht immer einfach gewesen sein, doch gemeinsam sind sie über die Runden gekommen, weil seine Frau Constanze* und er sich die Ausgaben so für sich und die Kinder aufgeteilt haben, wie es von Dieters Einkommen möglich gewesen ist.

Mit der Trennung, mit dem Auszug Constanzes hat sich diese Aufteilung völlig geändert, also die Aufteilung von Dieters Einkommen auf die gesamte Familie. Das österreichische Unterhaltsrecht sorgt einmal mehr dafür, dass ein Arbeitseinkommen völlig ungleich verteilt wird, nämlich weg von dem, der das Arbeitseinkommen erzielt.

So erfährt Dieter zuerst von einer Kinder- und Jugendhilfe des Landes Vorarlberg, dann gleichlautend von einem verbündeten Bezirksgericht, dass es ihm «jedenfalls zumutbar» sei, Monat für Monat 2200 Euro als Unterhalt «für seine Kinder» an Constanze zu bezahlen.

Der gerade von seiner Familie getrennte Vater ist geschockt und fassungslos. Noch immer zahlt er zigtausende Euro an Schulden ab, über die er doch erklärt hatte, dass er sie für die Familie aufgenommen habe. Wie in aller Welt soll er solche Riesenbeträge bezahlen?

Währenddessen darf Constanzes Beispiel bestätigen, wie es um das Los so mancher Alleinerziehenden bestellt sein kann, das im öffentlichen Bild stets als «am Limit» dargestellt wird, stets mit der Festhaltung verbunden, dass immer zu wenig Geld an die Mütter fließe: Mit Unterhalt, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag treffen an jedem Monatsersten 3075,20 Euro auf ihrem Konto ein. Ob sie überhaupt selbst Miete für die Wohnung bezahlt, darf bezweifelt werden, das Land Vorarlberg bezahlt den Großteil, wenn nicht die gesamte Miete. Soweit Dieter weiß erhält Constanze eine Familienhelferin gestellt.

«Am Limit» ist nur einer: Dieter! Selbstverständlich kann er die horrenden Summen nicht überweisen. Doch dieses Unterhaltsrecht ist nicht zimperlich:

Sofort startet die Vorarlberger «Kinder- und Jugendhilfe» ein Exekutionsverfahren. Sein Lohn wird gepfändet. Das bedeutet: Dieters Arbeitgeber wird verpflichtet, bevor er den Lohn an Dieter auszahlt, zuerst die 2200 Euro abzuziehen, die auf Constanze Konto landen. Der kümmerliche Rest darf dann endlich an Dieter überwiesen werden.

Auf welcher Seite eine «Kinder- und Jugendhilfe» und somit eine Landesregierung, der sie unterstellt ist, steht, wird endgültig klar, als diese «Hilfe» zu all der Unterhaltsbelastung, welche sie Dieter zumutet, sogar noch unsäglichen „rückwirkenden Unterhalt“ über ein ganzes Jahr verlangt.

Das Gericht listet peinlich genau alle Einzelbeträge auf. Die Summe, deutlich über 25.000 Euro, innerhalb zwei Wochen zu bezahlen, führt das Gericht in wohl ungewollter Ehrlichkeit als «Kapitalforderung» an.

Immerhin bedanken wir uns bei der Justiz und der Politik für diese Selbstdemaskierung.

Tatsächlich ist diese Forderung «kapital».

Dürfen wir die verräterische Wortwahl verwenden, und solche Forderungen als Unterhaltskapitalismus bezeichnen?

Wir werden weiterhin über allzu unerkannte Formen der Ausbeutung berichten, wie es dieser Kapitalismus tatsächlich darstellt.


Männerservice-Report #349, veröffentlicht am 7. März 2023

Betroffene
Vater: Dieter Ballmer*
vier Kinder, im Schulalter

In der Verantwortung
Constanze Ballmer*, Mutter der Kinder
ein Vorarlberger «Jugendamt» und ein Bezirksgericht
Österreichisches Unterhaltsrecht

Ort und Zeitraum:
Vorarlberg, seit 2022 bis heute

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Ein Kommentar

  1. Traurig ist das.Ich habe die selbe Erfahrung gemacht. Hinzu kommen noch die ganzen Kosten vom Bezirksgericht selber.
    Das alles sind Summen,die kein normaler Arbeiter stemmen kann.
    Ich wünsche dem Vater für seine Zukunft und seine Beziehung zu den Kindern alles Gute.