Anspannung: Dann zwingen wir Dich eben zum Studium!
„Dann arbeite ich eben weniger, dann können sie mir weniger nehmen“ – so lauten die geflügeltem Worte so manchen Schuldners. Bei Unterhaltsschuldnern verhält es sich umgekehrt: Je weniger sie verdienen, desto höher ist die Gefahr, dass sie zu noch höheren Zahlungen gezwungen werden.
Thomas Farny hat nach einer leidvollen Geschichte Österreich den Rücken gekehrt und im Vietnam eine Schule gegründet, um dort den Ärmsten zu helfen.
Seine Ausbildung ist ebenso erstklassig wie sein Werdegang: Nach der Höheren Technischen Lehranstalt und dem Abschluss der Wirtschaftsuniversität war Thomas im Investmentbereich tätig, bis ihn unser Familienrecht persönlich so schwer getroffen hat, dass er außer Tritt geraten ist. Sogar ein MBA-Studium hatte er begonnen, als er arbeitslos gewesen ist.
Was bedeutet es unterhaltsrechtlich, wenn sich Thomas seinen früheren Verdienst nicht mehr erarbeiten kann? – „Sein Problem!“ – So das Gericht, und dabei hält es sich brav und wohl gerne punktgenau ans Gesetz. „Anspannung“ heißt der Grundsatz, nach dem der Unterhalt für seine Tochter nicht danach berechnet wird, was er verdient, sondern danach, was er vermutlich verdienen könnte. Auch, wenn Thomas kein Manager mehr ist, soll er zahlen wie ein Manager, basta! Ärztliche Atteste betrachtet das Gericht gerne, wohl als Kaffeetassenunterlage, doch der Inhalt ist ihm egal.
Doch was wäre unser Familienrecht nicht ohne seine immer wieder neue Obskuritäten, als ob die Anspannung selbst noch nicht bizarr genug wäre. Dieses Wiener Bezirksgericht hat nämlich eine großartige Idee: Statt sich nur das Gehalt eines Magisters der BWL auszudenken und von diesem den Unterhalt auszurechnen, zeigt es sich bei Thomas sprühend vor neuen, ungeahnten Ideen:
Jetzt verlangt es von Thomas auch noch, gleich das abgebrochene MBA-Studium wieder aufzunehmen! Das hatten wir im Männerservice noch nie: Das Gericht, von der ersten Instanz bis zum Obersten Gerichtshof, will und wird einen Vater sogar zwingen, sich weiter zu bilden, um mehr zu verdienen – damit es ihm noch mehr nehmen kann!
Anspannung ist Unfreiheit.
Große Worte von Menschenrechten auf freie Wahl von Beruf und Ausbildung werden mit Füßen getreten, um Menschen zu zwingen, durch ihre Arbeit Geld zu verdienen, über dessen Ausgaben sie nicht bestimmen oder mitbestimmen können. Diese Beschreibung trifft nur auf zwei Missstände zu: Auf Zwangsarbeit und auf dieses Unterhaltsrecht in Österreich.
Männerservice-Report #69, veröffentlicht am 17. Oktober 2017
Betroffene
Vater: Thomas Farny*
Kind: Tochter Lara*, 10 Jahre
In der Verantwortung
Mutter des Kindes
Ein Bezirksgericht in Wien
Landesgericht Wien
österreichischer Oberster Gerichtshof, Wien
Amt für Jugend und Familie („Jugendamt“)
Ort und Zeitraum:
Wien, 2017
Hanoi, Vietnam