Zwangstherapie

Die Osterfeiertage stehen bevor. Wie üblich schreibt Nikolaus Spieler* an Hermine*. Er unterbreitet ihr Vorschläge, wann ihr gemeinsamer Sohn Jakob* die Ostern bei ihm verbringen könne.

Doch die Antwort bleibt aus. Nikolaus’ Vorfreude auf die gemeinsame Zeit mit seinem Kind weicht zunehmend bangem Warten. Er starrt auf sein Telefon und ringt mit sich: Soll er nachfragen? Oder trifft doch noch die ersehnte Antwort ein?

Genug, er ruft Hermine an! Am anderen Ende spürt er reserviertes Schweigen. Hermine drückt sich um eine bittere Wahrheit, und sie verweist auf andere, Personen, die vollzogen haben, was die Mutter wünscht.

Nikolaus Spieler wird seinen Sohn Jakob lange nicht mehr sehen. Ein Gerichtsbeschluss sei unterwegs.

Typisch für Kontaktverweigerung ist es, dass nie ein definitives Nein zu vernehmen sein wird. Stets wird der Kontakt «bis auf Weiteres» verweigert. Das ist weniger angreifbar. Das ist weniger ehrlich. Wir wissen: Das endgültige hinter dieser Absicht verschleiern viele Mütter und deren Helfer in der Justiz, oder: Sie wollen sich selbst nicht eingestehen, was erst rückblickend nach den vielen stückweisen Zerstörungen der Beziehung zwischen Vater und Kind festzustellen wäre: Dass die Vater-Kind-Beziehung nicht mehr existiert.

Typisch für eine Mutter, die später die Beziehung zwischen Vater und Kind zerstören wird, ist es, dass sie schon von Anfang an nicht ertragen kann, wenn der Vater ungezwungen mit dem Kind Zeit verbringt. Hermine will die Zeit des Kindes mit dem Vater kontrollieren.

So vereinbart die Mutter Tennisstunden für Jakob in der Zeit beim Vater, sagt Treffen Jakobs mit Kindern aus ihrer Umgebung zu, die der Vater begleiten soll, gibt Nikolaus vor, was er mit ihm zu üben hätte, um nachher die Erfüllung all ihrer Auflagen abprüfen zu können.

Jedes Mal, wenn Nikolaus den kleinen Jakob zu seiner Mutter zurückbringt, wird das Kind peinlichst auf alles, das er mit seinem Vater unternommen hat, befragt. Das ergibt sich aus den regelmäßigen Nachrichten, kurz nachdem das Kind der Mutter übergeben wurde, an den Vater. Darin enthalten sind Lob und Tadel, halt, wir korrigieren: Nur Tadel, davon aber jede Menge.

Nikolaus ließ schon länger das beklemmende Gefühl nicht mehr los, wenn er Jakob durch die Tür zu seiner Mutter entschwinden sah: Wie groß wird der Druck der Mutter jetzt sein, beim Aushorchen des Kindes, wie sehr wird das Kind aufpassen, was es sagt. Gibt Jakob zu wenig aus, wird es ungemütlich, sagt er das Falsche, beginnen die Vorwürfe, an ihn und seinen Vater.

So stellt sich unter anderem Licht dar, was Hermine plötzlich vor Gericht bitter beklagt: Ihr Sohn sei nach dem Wochenende beim Vater «verstört» und «verändert».

Nikolaus sieht die Gründe im Verhör und dem Druck der Mutter. Natürlich verängstigt Hermine so ihren Sohn! Doch was weiß schon ein Vater über sein Kind?

Was zählt in diesem Land, sind die Vorwürfe einer Mutter, und dann folgen wieder einmal die allwissenden Experten: Richterin Linda Keller* hat bereits eine Gutachterin, Bernadette Kupscher*, berufen.

Gutachter sind abhängig. Ja, das Gegenteil von unabhängig. Sie hängen davon ab, ob sie von Richtern bestellt werden. Werden sie bestellt, haben sei ein gutes Einkommen. Werden sie nicht bestellt, sind sie arbeitslos und armutsgefährdet. Richter wiederum können frei wählen, oder sogar darum würfeln, wenn sie wollen, wem sie den einträglichen Auftrag zu einem Gutachten vergeben. Oftmals sind bestimmte Richter und Gutachter ein langjährig eingespieltes Team, wie ein Springreiter und sein Pferd. Der Richter bestellt immer denselben Gutachter und dieser weiß genau, wie er seinem Partner, dem Richter, die Gutachten so schreiben soll, damit er später wiederbestellt wird. Nur die Rechnungen stellt er immer anderen aus, oftmals genau jenen, die in seinen Gutachten verrissen werden.

Bernadette Kupscher wählt den einfachen Weg: Sie stellt zwar richtigerweise eine Belastung des armen Kindes fest. Wenn, natürlich nach weitschweifigen, seitenlangen Begründungen, der Vater ganz allein daran schuld ist, entstehen keine Komplikationen für sie.

Während die Psychologin nie darauf eingeht, wie denn Hermine mit ihrem Kind umgeht, scheint Nikolaus alles falsch zu machen mit dem Kind.

Wenn Hermine offensichtlich «bindungsintolerant» ist, was aus ihren Vorschriften und dem Aushorchen über die Zeit beim Vater hervorgeht und bei wirklichen Experten ein Alarmsignal wäre, dann wird dieser Umstand ausgeblendet, mehr noch, ins Gegenteil verkehrt: Sogar die Gutachterin wirft dem Vater vor, dass er zu wenig überzeugt von den Vorschriften der Mutter sei.

So folgt der süffisante Schluss, einmal mehr die böse Nachricht in beschönigende Worte verkleidet:

Das Kontaktrecht des Kindes zum Vater werde «einstweilen ausgesetzt», lautet die Schreckensnachricht, und nein, doch wieder nicht, oder doch? In derselben Zeile steht «bzw. eingeschränkt». Was nun? Die Erklärung folgt wie zur Verhöhnung von Vater und Kind:

Nikolaus könne mit Jakob ja so vielfältig in Kontakt bleiben, führt die Richterin wortreich aus: Telefonisch (falls Hermine abnimmt), per Videotelefonie (falls Hermine das passt), ja sogar über Briefe und Karten könnten der Vater und das Kind so toll ihre Beziehung leben!

Nichts legt besser offen, wie verlogen Kontaktverweigerung geschieht, als die Zeilen dieser Richterin.

Wie lange sollen Vater und Kind hingehalten werden?

Nikolaus darf sein Kind vielleicht irgendwann wieder sehen, wenn er vorher eine 10 Stunden lange «Eltern-Einzelberatung», denn nur er brauche ja Beratung, Hermine nicht, und eine 20-stündige Psychotherapie bestätigen kann – beides wird in Corona-Zeiten monatelang dauern.

Nikolaus hat eine andere Sichtweise als die Mutter seines Kindes, Hermine. Das macht ihn «falsch», als Vater, als Mensch, in diesem Land.

Kennen Sie das: Wer anders denkt, muss psychologisch behandelt werden? Blättern Sie nach in den unseligen Beispielen der Geschichte. Auf der letzten Seite ist noch ein Blatt freigehalten, für Österreichs Familienrecht.


Männerservice-Report #221, veröffentlicht am 22. September 2020

Betroffene
Vater: Nikolaus Spieler*
Sohn: Jakob*, 8 Jahre
väterliche Verwandte

In der Verantwortung
Hermine*, Jakobs Mutter
Richterin Linda Keller*, Bezirksgericht Judenburg
Bernadette Kupscher*, Psychologin, Gutachterin
österreichisches Familienrecht

Ort und Zeitraum:
Bezirk Judenburg, Steiermark, seit April 2020

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