Zeit ist Geld

Unsere Justiz und unsere Politik versichern Stein und Bein: Kindesunterhalt sei ausschließlich dafür da, das Kind zu versorgen. Diese Geldleistung könne jedoch keineswegs der Mutter, oder geschlechtsneutral verkleidet formuliert dem «haushaltsführenden Elternteil» zugemutet werden, denn per Gesetz gilt das Vorurteil: Dieses Elternteil, also fast immer die Mutter, leiste nämlich immer und in jedem Fall genau so viel durch unermüdliche Hausarbeit, wie es dem Geldunterhalt des Vaters entspricht – so will das Gesetz immer und allwissend kennen, was bei jedem Vater und jeder Mutter Sache sei. Sehen wir doch einmal, wie zutreffend die Weisheit des Gesetzgebers ist, bei Herwig Stocker* und seinen Söhnen:

Der 9-jährige Stefan* ist ohnehin die halbe Zeit bei seinem Vater. Ken*, gerade 14 Jahre alt geworden, zieht jetzt nach und wohnt nun öfter beim Vater als bei der Mutter. Warum ist Herwig dann immer noch verpflichtet, Unterhalt an die Mutter der Kinder zu überweisen? Leistet sie ihre «Haushaltsführung» unermüdlich aus der Ferne? Wohl kaum.

Die Realität ist nämlich Österreichs Unterhaltsrecht zuerst einmal völlig egal – als ob es die blanke Absicht wäre, dass grundsätzlich Geld vom Vater zur Mutter fließt, und der Rest, mit all dem Pauschalannahmen vom immer aufopfernden «haushaltsführenden Elternteil» und natürlich all den einseitigen Pflichten für Väter, deren blinde Auferlegung es dann als selbstlose Erfüllungshilfe des «Kindeswohls» plakatiert, nur eine scheinmoralisierende Begründung.

Daher liegt es jetzt an Herwig, sich gegen eine de facto doppelte Unterhaltsbelastung zu wehren: Nämlich durch tatsächliche Versorgung der Kinder durch ihn selbst und die immer noch aufrechte Unterhaltsverpflichtung an die Mutter für Kinder, die gar nicht von ihr versorgt werden – womit sich der Kindesunterhalt hiermit endgültig als «Mütterunterhalt» demaskiert hat.

Jeden Tag, den Herwig nun ohne sofortige, rechtsgültige Maßnahmen vorüberziehen lässt, ist ein Tag mehr an jederzeit rückwirkend pfänd- und exekutierbaren Unterhaltssummen. Jetzt sollte Herwig nur noch wissen, welche Maßnahmen er korrekt und sofort setzen soll….

Herwig die nächsten Schritte zu erklären, ist keine schwierige Angelegenheit. Doch bis er endlich seinen Beschluss zur Aufhebung einer Unterhaltsbelastung in den Händen halten wird, kann es Monate dauern. Was wird mit den Unterhaltsbeträgen geschehen, die er in der Zwischenzeit zu Unrecht an Monika zu überweisen gezwungen ist? Sie hat nämlich immer noch die jederzeitige Berechtigung, das Geld zu pfänden, und das Gericht dürfte im reinen Exekutionsverfahren nicht einmal prüfen, ob die Pfändung zu recht erfolgt, sondern wäre verpflichtet, das Geld eisern einzutreiben.

Wieder einmal glänzt hier nämlich nur das Papier, das unsere Politik und Justiz zu verantworten haben – dieses mal ist es nämlich ein Höchstgerichtsurteil, das klug und weise sein Pauschalurteil gesprochen hat, vor Jahrzehnten schon: Seitdem hat jede Mutter, die zu Unrecht zu viel Geld an Unterhaltsbeträgen bezieht, das Geld ab der ersten Sekunde des Kontoeingangs schon flugs «in Gutem Glauben verbraucht», völlig selbstlos sogar für Kinder, die nicht einmal bei ihr wohnen, und ist aufgrund dieser Fantasiebegründung zu keiner Rückzahlung verpflichtet.


Männerservice-Report #262, veröffentlicht am 6. Juli 2021

Betroffene
Herwig Stocker*
Kinder: Ken*, 14 Jahre, und Stefan*, 9 Jahre

In der Verantwortung
Monika*, Mutter der Kinder
österreichisches Unterhaltsrecht

Ort und Zeitraum:
Österreich, Anfang 2021

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