Zechpreller? Schwindler? Nein, Familienrecht!
Warum soll ich die Kosten für etwas übernehmen, das ich nicht wollte? Rainer Stroh kann nicht verstehen, womit wir ihn konfrontieren:
Rainer ist jetzt nur mehr eingeschränkt arbeitsfähig. Den Krankheitsverlauf, die leidvolle Geschichte, die dahintersteckt, kennen wir.
Aus diesem Grund kann Rainer nicht mehr seinen früheren Job bei seinem Arbeitgeber leisten, mit den damals über 70 Wochenstunden, der 24-Stunden-Bereitschaft und den vielen Wochenenddiensten. Dabei hatte er noch Glück mit seinem Chef. Trotz der vielen Monate, die Rainer ausgefallen ist, trotz der sich nur langsam wieder aufbauenden Einsatzfähigkeit, hat er Rainer in seiner Firma behalten – doch nur mehr für eine einfache Tätigkeit, «nur» mehr mit 40 Wochenstunden und somit mit viel weniger Gehalt.
Es war die seelische Belastung aus der Zeit der Trennung und Scheidung, aus der Zeit der Verweigerung der Kinder, des Aufhetzens gegen den Vater, der immer noch andauernden Kontaktverweigerung: Sie hat Rainer gesundheitlich derartig zugesetzt. Er kann es ausreichend und aus vielen Quellen beweisen.
Jetzt jedoch ist seine Exfrau Jaqueline unglücklich. Rainer kann nämlich nicht mehr den Unterhalt bezahlen, den sie aufgrund seines früheren Verdienstes einfordern konnte. Sie besteht auf den letzten Cent. Diese Frau verlangt damit ernsthaft praktisch, dass der Vater ihrer Kinder wieder dazu gezwungen werden soll, über 70 Stunden pro Woche, an vielen Wochenenden und mit Bereitschaftsdienst zu arbeiten, damit er dasselbe wie früher verdient. Genau die Frau, welche Rainers Gesundheit so schwer belastet hat, in unseliger «Teamarbeit» mit allen an Österreichs Familienrecht Beteiligten, genau diese Frau will nicht akzeptieren, dass Rainer jetzt einfach die Kraft fehlt, die sie ihm geraubt hat. Denn das würde ihr weniger Geld bringen.
Daher bekämpft sie seinen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts mit allen Kräften. Rainers schlechter Zustand, der im Verfahren zutage tritt, interessiert sie nicht die Bohne.
Monatelang dauert das Gerichtsverfahren um die Herabsetzung. In dieser Zeit ist Rainer weiterhin zum alten, zu hohen Unterhalt verpflichtet, unter Androhung der Exekution. Ob er währenddessen schon weniger zahlen darf, fragt er uns? Leider nein, sonst droht die Lohnpfändung und Exekution.
Und doch, er fragt zu spät. Schon vom Zeitpunkt des Antrags weg hätte er wenigstens diese überhöhten Zahlungen «unter Vorbehalt der Herabsetzung» überweisen sollen, dann hätte er eine Chance gehabt, das Geld zurückzufordern oder gegenzuverrechnen.
Schließlich jedoch erkennt selbst eine Gutachterin für das Gericht: Rainer ist tatsächlich gesundheitlich so am Boden, dass er gar nicht in der Lage ist, so viel zu verdienen wie früher. Dieser Vater ist also endlich völlig kaputt, er hat es schriftlich von genau diesem Gericht, das daran beteiligt war. Der Unterhalt wird reduziert werden, natürlich nur anteilig. Rainer bleibt zwar noch weniger als früher zum Leben. Aber der Unterhalt bleibt nicht mehr bei Phantasiebeträgen, die sein Einkommen fast übersteigen.
Doch eine reizende Überraschung sendet ihm Gericht noch, als Gruß fürs Neue Jahr: Jetzt soll er die Gutachterkosten bezahlen!
Rainer wollte keine Gutachterin. Er wollte, dass der Unterhalt herabgesetzt wird, und hatte alles Notwendige vorgelegt: Die Einkommensnachweise, eine Bestätigung seines Chefs, dass dieser ihn nicht mehr im besser bezahlten Job beschäftigen kann, und Arztbelege.
Das Gericht und seine Exfrau waren es, welche die Belege nicht glauben wollten. Sie haben die Gutachterin angefordert.
Rainer soll bezahlen, was andere zu seinem Nachteil bestellt haben.
Nun zur Antwort auf seine Frage vom Anfang der Geschichte: Rechtens finden wir das nicht. Aber die Republik Österreich schon.
Was bleibt zu tun, um dem fassungslosen Rainer zu helfen? Ein letzter Versuch. Wir helfen ihm beim Antrag auf Verfahrenshilfe, nachträglich. Die Chancen stehen schlecht für einen Vater wie ihn, hoffen Sie daher mit uns.
Und einmal noch warnen wir Rainer: Noch ist die Herabsetzung nicht beschlossen. Er soll dringend jede Zahlung mit dem Vermerk «vorbehaltlich Rückforderung aufgrund Herabsetzung des Unterhalts» überweisen.
Männerservice-Report #148, veröffentlicht am 23. April 2019
Betroffene
Vater: Rainer Stroh*
Drei Kinder, 6, 9 und 10 Jahre
In der Verantwortung
Jaqueline*, Mutter der Kinder
österreichisches Unterhaltsrecht
Ort und Zeitraum:
Bezirk Melk, Niederösterreich, Dezember 2018