Sturer als die Polizei erlaubt

Gut, der Streit war leidenschaftlich, und letztlich war er handgreiflich. Doch Alexandra ist ehrlich. Sie steht dazu, dass sie zuerst grob geworden ist und daraus ein Handgemenge mit ihrem Mann Martin entstanden ist. Alexandras Sohn hat wohl überreagiert und die Polizei gerufen.

Wieder einmal fackelt die Polizei nicht lange, und es ist ihr völlig egal, welchen Anteil eine Frau an einem Raufhandel hat. Der Mann wird weggewiesen. In Wahrheit dient die Wegweisung ja nicht der Gerechtigkeit, nicht einmal der Sicherheit. Der Mann fliegt, weil unsere Politik und unser Gewaltschutzsystem das wollen. Jede nicht erfolgte Wegweisung erzeugt Rechtfertigungsdruck für die Polizisten, und manche darunter glauben sogar ernsthaft, sie täten etwas Gutes, wenn sie mit dem Mann Schlitten fahren und ihn ohne Rücksicht auf das, was geschehen ist, aus dem Haus werfen.

Dabei hätte Martin noch Glück, denn Alexandra bleibt aufrichtig, und nach der für sie ungewollten Wegweisung bestätigt sie selbst mit ihrer Unterschrift an die Polizei, dass sie die Aufhebung der Wegweisung will.

Doch Alexandra wird polizeilich als die „Gefährdete“ geführt, Martin als „Gefährder“, und zwar schon, bevor die Polizei sich überhaupt beide Seiten angehört hat. Schließlich ist das schon im Formular vorgedruckt, damit jeder weiß, wer im vorhinein Schuld ist und wer Opfer.

Jetzt kann Alexandra, die sich weigert, die „Gefährdete“ zu sein, sagen, was sie will. Die Aufhebung der Wegweisung wird abgelehnt. Martin darf das Haus nicht betreten, für zwei Wochen, der ersten Phase eines Betretungsverbots. Der Eindruck täuscht nicht: Es geht gar nicht um Alexandra und ihren Schutz, den sie gar nicht will. Wie jedes Unrechtssystem hat sich das Gewaltschutzsystem verselbständigt.

Doch Martin ist Unternehmer, und sein Büro liegt im Nebengebäude. Auch, wenn er keinen Schlüssel zum Haus mehr hat, im Nebengebäude will er arbeiten, und wir denken wie er: Wo kein Kläger, da kein Richter, noch dazu könnte er aus dem Nebengebäude nicht einmal ins Haus, und immer noch hat er schriftlich bei der Polizei deponiert, dass Alexandra die Wegweisung aufheben lassen will.

Das Gewaltschutzsystem jedoch lässt es sich nicht gefallen, dass Martin gegen sinnlose Auflagen verstößt. Die zwei Wochen der Wegweisungsfrist sind nun abgelaufen, und kurz darauf findet Martin eine Organstrafverfügung in seiner Post. Er soll nun tatsächlich 110 Euro bezahlen, weil er eine sinnlose Wegweisung nicht befolgt haben soll! Verblüfft schildert er uns: Sogar Alexandra hat dieselbe Geldstrafe ebenfalls auferlegt bekommen, wohl, weil sie nicht pflichtgemäß die Einsatztruppe gegen ihren Mann gerufen hat.

Liebe Leserinnen und Leser, ein Unrechtssystem erkennen Sie spätestens daran, dass es sich an seine eigenen Vorschriften klammert, wenn sie noch sinnlos geworden sind. Die Rechtfertigungen für die eigene Sinnentleertheit wiederum kommen aus der Schublade der Vorurteile und Ferndiagnosen, in diesem Fall wird wohl das Stockholm-Syndrom etc. herzuhalten haben.

Der Gewaltschutz in Österreich ist so ein Unrechtssystem.

Wir würden an Martins Stelle Einspruch gegen das Organ, das diese Strafverfügung erteilt hat, erheben. Ob es ein Denkorgan war, kann aus dem Resultat eindeutig geschlossen werden.


Männerservice-Report #113, veröffentlicht am 21. August 2018

Betroffene
Martin Herzog*
Alexandra Herzog*

In der Verantwortung
Polizei und Bezirkshauptmannschaft
österreichisches Gewaltschutzsystem

Ort und Zeitraum:
Bezirk Braunau am Inn, Oberösterreich, Mai 2018

Schreiben Sie einen Kommentar

Your email is never published nor shared. Pflichtferder sind mit * markiert

HTML: You can use these tags: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>