StoP – ich will meinen Mann zurück!

Rüde wird Bella* aus dem Schlaf gerissen. «Wie spät ist es? Wo bin ich? Was machen denn die Polizisten hier?», blinzelt die schlaftrunkene Frau den Beamten entgegen.

Ihr Mann, Thomas*, ist nicht im Raum. Sie hört ihn nebenan sprechen, aufgeregt und rechtfertigend.

Langsam und allmählich kommt Bella zu Sinnen. Sie hatte wieder diese Medikamente genommen, zur Beruhigung und einfach nur, um schlafen zu können. Die Knie schmerzen ihr, und am Kopf spürt sie eine kleine Beule.

Benommen antwortet die Frau auf drängende Fragen der Polizistin, die auf ihrer Bettkante sitzt. Oft stammelt sie ein «ja, ja», und weiß noch gar nicht recht, worauf sie hier antwortet.

Als sie später endlich voll bei sich ist, fehlt ihr Gatte, Thomas. Er ist von ihr weggewiesen worden. Bella ist verzweifelt und fühlt sich hilflos.

Als der morgen dämmert, steht Bella vor dem Polizeiposten. Sie hat sich mit Thomas abgesprochen. Statt ihn auf Distanz halten zu lassen, gehen der als «Gefährder» Bezeichnete und die Frau, die vor ihm geschützt werden soll, gemeinsam hin. Sie verweigern noch immer die Unterzeichnung des Protokolls, bestreiten Vorwürfe gegen Thomas, die Bella wohl geäußert haben soll in der Nacht, oder waren diese Vorwürfe nur willfährige Antworten auf die Fragen, die im Stakkato auf die benommene Frau eingeprasselt sind?

Später meint Bella: Sie hatte an diesem Abend, nicht zu Hause, sondern vorher bei Freunden, einen ihren vielen Nervenzusammenbrüche, die sie augenblicklich plagen. Ein SMS bestätigt, wie sich eine Freundin beklagt, dass sie Schäden in der Wohnung verursacht hat. Bella glaubt, dass sie gestürzt sein muss – daher die Knieschmerzen und die Beule. Was wirklich geschehen ist, weiß sie umso weniger, je später es geworden ist, als sie letztlich zu Hause war.

Sicher ist eines: Obwohl Bella ihren Mann verteidigt, obwohl sie erklärt, dass diese Wegweisung ein Fehler ist und zurückgezogen werden soll, bleiben die Behörden hart: Thomas darf die Ehewohnung nicht betreten. Er soll sehen, wo er bleibt.

So fleht uns Bella geradezu an: «Ich will meinen Mann wieder, bitte!» – und sie fürchtet, dass Thomas nun in einem nachfolgenden Strafprozess verurteilt wird, allein auf Basis ihrer benommen ersten Aussagen, und unter Wegschieben all ihrer bei klarem Kopf getätigten Entlastungsaussagen.

Der Männerservice erkennt aus Bellas Beschreibungen: Ein gutes Bild hat das Ehepaar vor den Behörden wohl nicht abgegeben. Ihre oftmals lauten Streitigkeiten dürften die Nachbarn mehrmals auf den Plan gerufen haben. Die Beamten kannten den Weg zur Wohnungstür der Reiters* wohl schon längst.

Doch Bella gesteht offen und ehrlich: Wenn Thomas weggewiesen wird, dann hätte sie ebenso oft weggewiesen werden sollen, und sie erkennt: «Frauen schützen ist ja ok. Aber der Mann hat ja überhaupt keine Rechte mehr.»

Es sieht so aus, als ob die beiden das Betretungsverbot mittlerweile untereinander geregelt haben, stellen wir nachträglich fest. Doch die Strafanzeige schwebt noch immer wie ein Damoklesschwert über Thomas.

Wir empfehlen Bella, jetzt ganz offen und immer schonungslos ehrlich zu sein. Nichts wäre schlimmer, als jetzt aus Angst vor den Behörden zu schweigen oder nur zaghaft zu antworten. Nach den Vorurteilen, die unser Gewaltschutzsystem aktiv geschaffen hat, ist eine Frau, die ihren Mann verteidigt, nämlich nur «unter Druck», «eingeschüchtert» oder habe gar das Stockholm-Syndrom. Wir stellen klar: All das mag es geben. Doch wenn dieser Vermutung Universalgültigkeit zugesprochen wird, wird sie oftmals zur ungerechtfertigten Unterstellung.

Bella bedankt sich. Wir hätten ihr sehr geholfen. Gerne hätten wir jedoch mehr geholfen, vor dem Hintergrund eines Gewaltschutzsystems, dessen Missstände täglich weiter verschärft werden.

Dass die Polizei überhaupt zur Wegweisung angerückt ist, verdankt Bella der Meldung eines Bekannten. Ist es falsch, den Verdacht oder einfach nur das Gefühl von möglicher Gewalt oder Bedrohung zu melden? Mitnichten, meinen wir. Wir kritisieren, was Österreichs Gewaltschutzsystem aus jeder Meldung macht: Zuerst eine Vorverurteilung, dann kategorisch die Wegweisung, fast immer des Mannes und zumeist ohne genau Prüfung, und damit eine Stigmatisierung, verbunden mit einer de facto-Wegnahme der Wohnmöglichkeit und der Habseligkeiten.

Träger des Gewaltschutzes erzeugen bewusst Stimmung, dass überall und jederzeit unzählige Männer, und nur Männer, drauf und dran seien, völlig aus heiterem Himmel auf ihre Frauen einzudreschen. Sie sensibilisieren die Bevölkerung dermaßen mit Bildern aus ihrer eigenen Vorurteilshaltung, dass die Menschen hinter jedem raschelnden Vorhang schon Gewalt zu vermuten beginnen. Die Appelle, alles und Jeden zu melden, der verdächtig wirkt, werden immer eindringlicher.

Am besten zeigt das die aktuelle Initiative StoP, «Stadtteile ohne Partnergewalt»: Die Botschaft der Initiative, die stolz von zahlreichen Politikern propagiert wird, ist klar, eindeutig und verurteilt Männer im Voraus. Wir zitieren:

«StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt… gibt es, um (häusliche) Gewalt an Frauen und Kindern, Partnergewalt und Femizide zu verhindern.» Der Fall scheint klar: Täter seien immer nur die Männer, Opfer seien alle außer Männer. Nur Schwarz/Weiß, nicht einmal Grauschattierungen wie bei Bella und Thomas, passen ins Weltbild.

Jeder Bürger wird eindringlich ermuntert, jeden Verdacht zu melden. Dabei wird das Vertrauen bestärkt, dass die Polizei und die Gewaltschutzstellen schon genau hinsehen werden, und nur bei wirklicher Gewalt einschreiten würden.

Doch in Wirklichkeit wird jeder vage Verdacht, den ein Nachbar oder Bekannter zaghaft äußert, wie StoP so herzhaft dafür wirbt und einlädt, automatisch zu einer Wegweisung, fast immer des Mannes. Wer vorher angezeigt hat, dürfte sich bestärkt fühlen: «Tatsächlich müsse etwas vorgefallen sein», und er wird mit Stolz erfüllt sein, etwas Gutes getan zu haben. Doch womöglich hat er nur einen gewünschten Teil zu einer unrechtmäßigen Denunziation beigetragen, und wenn er noch so gelobt werden mag von den Trägern des Gewaltschutzsystems für sein «mutiges Eingreifen».

Das Perpetuum Mobile des Gewaltschutzes mit seinen selbsterfüllenden Vorurteilen ist in vollem Gang. Bella hat jedes Vertrauen darin verloren und wird sich hüten, jemals wieder den Behörden Vertrauen zu schenken.


Männerservice-Report #384, veröffentlicht am 31. Oktober 2023

Thomas Reiter*
Bella Reiter*

In der Verantwortung
österreichisches Gewaltschutzsystem

Ort und Zeitraum:
Niederösterreich, Frühling 2023

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