Sippenhaftung

Bernhard Jablanik* schlägt sich seit Jahren mit Jobs durch, dessen Einkommen sehr niedrig bemessen sind. Zuletzt hatte er noch in Vollzeitanstellung als Fahrradbote seinen Dienst verrichtet, doch er versichert: Gesundheitlich ist ihm Vollzeit augenblicklich nicht möglich. Stattdessen schont er sich bei 75% der Vollarbeitszeit und bemüht sich in der restlichen Zeit, sich durch Weiterbildung endlich die Chance auf einen besseren Verdienst zu erarbeiten.

Die zusätzlichen Unterhaltsverpflichtungen, die er auf den Namen seines Sohns Eduard* zu tragen hat, sind bisher aus unserer Sicht bemerkenswert gering geblieben. Katja*, die Mutter seines Sohnes, hatte auf Bernhards Möglichkeiten offenbar Rücksicht genommen. Jetzt jedoch will sie «sichere Auszahlungen» haben, nicht mehr ständig mit dem Vater ihres Kindes diskutieren, wann er denn endlich überweisen könne. Das mag verständlich sein, wenn es sich bisher so verhalten hat, wie wir es uns aus Bernhards Schilderungen vorstellen können.

Doch im Unterhaltswesen gibt es keine Hilfe «in Maßen» für Katja. Sobald eine Mutter irgendwo Unterstützung beim Unterhalt sucht, findet sie zwar zahlreiche, überaus bemühte Helfer, doch jeder kennt nur eines: Aus dem Vollen zu schöpfen und das Letzte aus dem Vater herauszuholen – so auch das MA11, das Wiener Jugendamt, und ihre Bedienstete Helga Korn*.

«Wie als lügenden Feind» fühlt sich Bernhard vor ihr behandelt, so sehr er ihr alle Unterlagen offen legt. Die MA 11-Mitarbeiterin unterstellt ihm von vorneherein, dass er alle möglichen Zusatzeinkünfte, die er ganz sicher irgendwann, wer weiß, nachts oder an den Sonntagen, in schwindelerregenden Höhen erwerben würde, unterschlage.

Selbstverständlich folgen Vorwürfe, wie verantwortungslos er als Vater sei. Ja, Verantwortung tragen, das bedeutet eben tüchtig zu zahlen, dafür zu arbeiten wie ein Pferd und keine Ansprüche auf Kontakt zum Kind zu stellen in diesem Land!

Dann ist es wohl verantwortungslos, dass Bernhard lieber einen höheren Versorgungsanteil für seinen Sohn hätte. Solche Einwände wischt die Kindeswohltäterin energisch von Tisch. Sie ist nämlich, als Mitarbeiterin der «Kinder- und Jugendhilfe», nicht dafür zuständig, dass ein Vater sein Kind öfter betreuen will. Sie ist nur für die Unterhaltsmaximierung zuständig.

Diese wiederum betreibt sie bis auf den letzten Cent. Selbstverständlich will sie rückwirkend bis zur Geburt des Kindes alles Geld eintreiben, das nach Stand heute damals schon maximal gefordert werden hätte können. Wusste Katja bereits, dass sie in den letzten Jahren ruhig nachsichtig sein konnte, weil sie ohnehin später jeden Betrag rückwirkend kassieren kann?

Bei der Berechnung des unseligen rückwirkenden Unterhalts rutscht die Republik Österreich einmal mehr auf das Niveau der «Rechtssprechung» jenes Stammeswesens, welche an sich seit der Einrichtung eines Rechtsstaates hierzulande nicht mehr gültig sein sollte, in diesem Fall am «Rechtsgrundsatz» der Sippenhaftung:

Tatsächlich prüft Helga Korn*, ob indirekt von Bernhards Eltern noch Geld zu holen wäre, und zwar ganz besonders für den rückwirkenden Unterhalt.

So hatte Bernhards Mutter Dora* für ihren Sohn die Studiengebühr übernommen, leihweise, wie dieser beteuert, und irgendwie hatte ihm Helga Korn diese Auskunft aus der Nase gezogen. Das benutzt sie jetzt für die Forderung, dass Bernhard von der geliehenen Studiengebühr Unterhaltsprozente berechnet werden. Dabei ist die MA11-Eintreiberin auf eine Idee gekommen, welche dieses Unterhaltsrecht sage und schreibe zulässt:

Falls Bernhard als «nicht selbsterhaltungsfähig» eingestuft werden könnte, weil er zu wenig verdient und wieder studiert, ja dann könnte so gerechnet werden, also ob er Unterhalt von seiner Mutter einklagen könne, und diese Summe, egal ob sie tatsächlich bezahlt wird, kann wieder für den Unterhalt, der zu Katja fließen soll, berechnet werden.

Tatsächlich, Sie haben richtig gelesen: Auf einmal will das MA11 Bernhard zwingen, dass er seine Mutter auf Unterhalt klagt, nur damit es mehr Geld von Bernhard verlangen kann! Ja, richtig: Selbst dann, wenn Bernhard nicht klagt, sollen wir uns alle ausdenken, er hätte dieses Geld erfolgreich eingeklagt, damit er stärker mit Unterhalt belastet werden darf.

Die Sippenhaftung geht allerdings noch deutlich weiter, denn das Unterhaltsrecht besagt eindeutig: Ist von einem «nicht für das Kind haushaltsführenden» Elternteil gar nichts mehr zu holen, dann können die Großeltern in vollem Umfang auf Unterhalt verklagt werden.

Zugleich zeigt sich die Republik einmal mehr von der besten Seite, wenn sie aus diesen «geschlechtsneutralen» Gesetzesformulierungen die Praxis ableitet, welche schon wieder das Gegenteil jeder Gleichbehandlung darstellt:

Zum einen ist es seit jeher egal, ob das «betreuende» Elternteil, jenes also, das ganz sicher nie zu Geldunterhalt verpflichtet wird, die Kinder wirklich betreut oder sie ständig abschiebt. Weiters ist es bezeichnend, wie eine allfällige Unterhaltsbelastung von Großeltern gehandhabt wird. Wenn, dann kommen nämlich immer nur die Großeltern des Vaters zum Handkuss. Eine gleichmäßige Aufteilung auf alle Großeltern gilt als undenkbar, ohne jede vernünftige Erklärung, einfach, weil es keine gibt.-

Daher sind in diesem Unterhalts-Unrecht nicht einmal Großeltern sicher vor den Fängen der Behörden, der Justiz und der dahinterstehenden Politik – bis uns gemeinsam eine Änderung des Unrechts gelingt!


Männerservice-Report #353, veröffentlicht am 4. April 2023

Betroffene
Bernhard Jablanik*
Sohn Eduard*, 2 Jahre alt
Dora* Jablanik* Großmutter

In der Verantwortung
Katja*, Eduards Mutter
Helga Korn*, in Diensten des MA 11, Wiener «Jugendamt»
österreichisches Unterhaltrecht

Ort und Zeitraum:
Wien, Ende 2022

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