Mit dem Blumenstrauß zu Gericht

«Schon wieder!», stöhnt Bertram Diess*, als er den Gerichtsbrief öffnet. Das Jugendamt und Susanne*, die Mutter seiner Kinder, scheinen sich gegenseitig anzustacheln, und daher sieht sich Bertram einmal mehr einer Forderung nach einer Unterhaltserhöhung gegenüber.

Seit Susanne sich von Bertram getrennt hat, wechselt sie stets zwischen Anfeindungen gegen den Vater ihrer Kinder und dann wieder zu freundschaftlichem, anbiederndem Verhalten, je nachdem, ob sie mit ihrer eigenen, vereinnahmenden Mutter gerade gestritten hat oder sie wieder versöhnt sind und beide sich gegen Bertram verbünden. Von diesem kräftezehrenden Hin und Her hat Bertram Abstand gewinnen können. Er hat in seiner Frau Renate* eine Stütze gefunden, die ihm Kraft gibt.

Renate ist es gewesen, die vor Langem schon für Bertram Rat und Hilfe gesucht hat beim Männerservice, weil sie nicht verstehen kann, wie mit Vätern in diesem Land umgesprungen wird. Sie ist beim Männerservice aktiv geworden, hilft nicht nur ihrem Mann, sondern anderen Betroffenen, so gut sie kann.

Daher ist Renate gewarnt, als sie Bertrams Ladung vor Gericht sieht. Unsere gemeinsame Empfehlung, die sie anderen selbst schon oft gegeben hat, lautet: Informiere Dich vorab, was auf Dich zukommt. Vor Gericht sitzt ein Rechtspfleger. Der ist zumeist gegen den Vater voreingenommen, verschweigt ihm seine rechtlichen Möglichkeiten oder versucht, ihn sogar mit Falschauskünften zu überhöhtem Unterhalt zu überlisten.

Und doch betonen wir stets: Jeder Mensch ist frei in seiner Entscheidung. Jedes Gespräch verdient eine neue Chance. Jeder Vater soll zuerst dem Rechtspfleger die Möglichkeit geben, ihm zu helfen. Mit dem Wissen, das wir dem Betroffenen vorher geben, weiß dieser innerhalb kurzer Zeit, ob der Rechtspfleger ihn belügt oder ob er tatsächlich fair ist und helfen will.

So sitzt Bertram offen, freundlich und doch wachsam vor der Rechtspflegerin Anke Mahler*. Renate sitzt neben ihm, noch wachsamer und misstrauisch nach allem, was sie aus dem Männerservice kennt – und doch will sie Anke Mahler eine Chance, einen Vertrauensvorschuss geben, so sehr sie auch damit gewappnet sein mag, was zu tun ist, wenn sie bemerkt, dass ihr Vertrauen missbraucht wird.

Schnell jedoch wird Renate bewusst: Anke Mahler rechtfertigt das Vertrauen! Wieder einmal bestätigt sich: So häufig die schlechten Erfahrungen mit Rechtspflegern sein mögen, der Vertrauensvorschuss, natürlich mit Fangnetz, ermöglicht erst, dass hilfsbereite Ausnahmen unter den Gerichtsbediensteten ihr Hilfe anbieten können.

Renate weiß zwar bereits, welche Forderungen Susannes und des Jugendamts keine Chance hätten. Doch Anke Mahler erklärt unaufgefordert, was die meisten ihrer Kollegen verschweigen würden, und sorgt dafür, dass Bertram solche unberechtigten Forderungen erst gar nicht aufgenötigt werden.

Renate und Bertram wissen nun: Anke ist ehrlich. Sie hält sich an nicht mehr und weniger als an geltendes Unterhaltsrecht, doch das offen und transparent, ohne jeden Versuch, aus Bertram mehr herauszuholen, als der rechtliche Rahmen hergeben würde. Renate ist bewusst, wie sehr sich Anke Mahler damit von ihrer Zunft abhebt.

So entwickelt sich schnell ein vertrauensseliges Gespräch, und einmal mehr überrascht sie Renate und Bertram, als die dienstlichen Angelegenheiten erledigt sind:

Der Umgang mit Vätern im Unterhaltsrecht sei nicht in Ordnung, eröffnet eine Rechtspflegerin, eine Bedienstete, deren Beruf es ist, Unterhalt höher und noch höher zu bemessen und Väter, die einfach nicht mehr können, zu pfänden und zu exekutieren, dem erstaunten Paar. Anke Mahler weiß genau, dass Vätern oft kaum Geld zum Leben bleibt und wie wenig Jugendämter und Mütter darauf Rücksicht nehmen – und wohl auch von ihren Kollegen, doch wir stellen klar: Letzteres ist nicht über ihre Lippen gekommen.

Anke Mahler kann sich, soweit wir ihre Situation zu kennen glauben, besser erlauben als andere Rechtspfleger, ihre Ansicht darüber zu äußern, welches Unrecht sie oftmals verpflichtetet ist, zu vollziehen. Viele Rechtspfleger werden denken wie sie, doch sie können es sich nicht leisten, darüber so ehrlich zu sprechen.

Wir sind froh, dass Menschen wie Anke als Rechtspfleger ihren Dienst verrichten. Auch sie schreiben harte, ungerechte Beschlüsse, doch nur, weil dieses Unterhaltsrecht es so verlangt. Andere würden an ihrer Stelle noch härtere Beschlüsse schreiben, würden über den rechtlichen Rahmen hinausgehen, um Müttern möglichst viel Geld zu verschaffen, egal, ob dies gar nichts rechtens ist und sie dem Vater die Existenz rauben damit.

Anke Mahler steht nicht auf der Seite von Vätern. Sie erfüllt einfach nur korrekt ihren Dienst, ohne die Väter zu hintergehen, ohne sie falsch zu informieren und ohne sie unter Druck zu setzen. Genau dafür jedoch können wir ihr nicht genug danken.

Anke Mahler wusste gar nicht, dass sie bei uns längst bekannt ist. Schon ein halbes Jahr zuvor ist Robert* überraschend bei ihr im Büro aufgetaucht, kurz nachdem sie seinen Akt erledigt hatte – mit Blumen in der Hand. Robert wusste aus dem Männerservice, was ihm bei Rechtspflegern blühen könnte. Dann ist er an Anke geraten, und durch uns wusste er genau, wie gut er es mit ihr getroffen hat. Die Blumen waren der Dank dafür, dass sie nicht getan hat, was ihre Kollegen tun, sondern sich einfach nur korrekt verhalten hat.

Anke hatte sich herzlich gefreut, und doch ist sie verblüfft gewesen. Die meisten Väter scheinen ihr ja dankbar zu sein, für ihre Fairness. Doch einen Blumenstrauß als Antwort für ihren Beschluss zur Unterhaltserhöhung, den hat sie bisher noch von keinem Vater bekommen!


Männerservice-Report #217, veröffentlicht am 25. August 2020

Betroffene
Vater: Bertram Diess*
Ehefrau: Renate Diess*

In der Verantwortung
österreichisches Unterhaltsrecht
«Jugendamt», Jugendwohlfahrtsbehörde eines österreichisches Bundeslandes
Susanne, Mutter von Bertrams Kindern

Ort und Zeitraum:
keine Angaben, zum Schutz der Rechtspflegerin Anke Mahler*

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