Im Kinderzimmer

Hinter Davids Frage steht eine letzte Hoffnung, welche dieser Vater noch hat: Sollte dieser Vater sich wieder eine eigene Wohnung mieten können, wird ihm dann der Kindesunterhalt um die Mietkosten entlastet, wenigstens anteilig?

Was ist geschehen?

Seit David von seinen Kindern getrennt lebt, beträgt der Unterhalt mehr als die Hälfte seines normalen Monats-Nettoeinkommens. Sehr gerne hätte David eine Wohnung bezogen, die für seine drei Kinder so viel Platz bietet, dass sie bei ihm an Wochenenden übernachten können. Doch mit dieser Unterhaltsbelastung sah David keine Chance.

Väter wie David können sich unter solchen Umständen höchstens eine sehr kleine Wohnung leisten, und selbst dann bleibt ihnen kaum Geld zum täglichen Leben.

So ist aus einer Verlegenheits- eine Dauerlösung geworden: Der erwachsene Mann bezieht wieder sein Kinderzimmer bei seinen Eltern und starrt in schlaflosen Nächten auf die Tierchen-Motive der alten Tapeten, die er sich als kleiner Junge mit kindlicher Freude ausgesucht hatte. Heute scheint es ihm, als ob sie über ihn lachten, das Eichhörnchen und die lila Katze, stellvertretend für die ganze Welt.

Das «Jugendamt» lacht mit, denn wie zum Spott drängt dieses Amt David zuerst zu so hohen Unterhaltssummen, um daraufhin festzustellen: David und seine Eltern können für übliche Kontaktzeiten zu wenig Wohnraum bieten, daher dürfen die Kinder nicht beim Vater übernachten.

Leider können wir diesem Vater nur antworten, was tatsächliche geltendes Unterhalts-Unrecht ist in diesem Land:

Die Wohnkosten des Vaters, auch der Mehrbedarf an Platz für die Kinder, sind keine Entlastung bei der Unterhaltspflicht. Einmal mehr misst der Staat, der offenbar nur dann von «Gleichberechtigung» spricht, wenn es Frauen zum Vorteil gereicht, bei Unterhaltsverpflichteten, weil fast immer Väter, mit zweierlei Maß:

Die Prozentsätze des Unterhalts wurden nämlich von Richtern so hoch angesetzt, weil die Mutter sich von diesem Geld Wohnraum für die Kinder leisten können soll, denn Wohnkosten sind einer der größten Teile der Lebenshaltungskosten.

Davids eigene Wohnkosten entlasten ihn hingegen nicht vom Unterhalt. Wenn ihm kein Geld zum Wohnen bleibt, spielt das keine Rolle für diese Justiz und diese Politik.

Sollte Monika, die Mutter der Kinder, jedoch kaum oder gar keine Wohnkosten haben  – ein Glück, das Menschen zufällt, die geerbt haben oder großzügig Wohnraum von Verwandten gestellt erhalten – so darf sie trotzdem den vollen Unterhalt von David kassieren, also auch Geld, das gar sie nicht für Wohnkosten benötigt, und das der Vater dringend für das eigene Wohnen nötig hätte.

Ebenso «gleichberechtigt» handeln die Bundesländer bei ihren Wohnbeihilfen: Sollte Monika eine Mietwohnung suchen, würde sie ganz oben für die Zuteilung gemeinnütziger Wohnungen eingereiht. Sie ist nämlich, als Alleinerzieherin mit drei Kindern, ganz besonders bedürftig. Zudem wird ihr eine besonders große Wohnung zugeteilt oder eine hohe Wohnbeihilfe ausbezahlt, weil sie für vier Personen anrechnen lassen darf.

David hingegen wäre für die Zuteilung einer gemeinnützigen Wohnung weit hinten gereiht, und die Wohnfläche würde nur für ihn als Single bemessen, was ihm eine Unterbringung der Kinder für gemeinsame Wochenenden verunmöglichen würde. Sollte er trotzdem eine größere Wohnung finden, so stünde ihm die Wohnbeihilfe nur für eine Person, sich selbst, zu, ungeachtet dessen, dass er diese Wohnungsgröße für die Zeiten mit den Kindern braucht.

Daher wird David noch sehr lange, nach getaner Vollzeitarbeit, abends in sein Kinderzimmer zurückkehren und sich damit abmühen können, die Kinder an Wochenenden ab und zu ein paar Stunden zu sehen.

Dafür darf er sich, wie tausende andere Väter, bei einem Zustand bedanken, der sich «Recht» nennt, und ohne jede Rücksichtnahme und Menschlichkeit in diesem Land von Richtern und Politikern jeder Couleur geschaffen und von Jahr zu Jahr weiter pervertiert wurde und wird.


Männerservice-Report #251, veröffentlicht am 20.4.2021

Betroffene
David Knapp*
Drei Kinder
Peter und Maria Knapp*, Davids Eltern

In der Verantwortung
Monika Raich*, Mutter der Kinder
österreichisches Unterhaltsrecht
Niederösterreichische Kinder- und Jugendhilfe («Jugendamt»)

Ort und Zeitraum:
Niederösterreich, seit 2019 bis jetzt

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