Ich muss das Geld nehmen, leider…

„Ich bin nicht so eine“, beteuert oftmals ein Elternteil oder getrennter Partner, um ja zu betonen, zu „den Guten“ zu gehören, zu jenen, welche den anderen nicht „ausnehmen“.

Im Männerservice erleben wir es oft, wie viele Bezugsberechtige von Unterhaltszahlungen im Dilemma stecken: Nach außen wollen sie gut dastehen , und sie würden sehr viel dafür geben, für diese gute Optik. Doch dafür auf Geld zu verzichten, soweit reicht die Opferbereitschaft oftmals dann doch wieder nicht.

Silke* fordert unter Berufung auf ihr Kind, Mia*, von deren Vater Bertram* eine kräftige Unterhaltserhöhung. Genauer gesagt, erledigt diese unangenehme Aufgabe kostenlos eine „Kinder- und Jugendhilfe“, die stets auf der Seite der Bezugsberechtigten und gegen die Unterhaltsverpflichteten arbeitet, koste es denen, was es wolle.

Mia ist gerade 10 Jahre alt geworden, ein unterhaltsrechtlicher „Alterssprung“. Wie als Geschenk für die Mutter soll der monatliche Unterhalt um 200 Euro erhöht werden. Ob Mia plötzlich so viel mehr Geld benötigt, diese Frage darf in diesem Unterhaltsrecht erst gar nicht gestellt werden.

Wir freuen uns, dass Bertram mit Silke eine gute Gesprächsbasis hat. Das bedeutet nicht, dass die Ergebnisse der Gespräche gut sind. Das bedeutet, dass Bertram mit Silke gut darüber sprechen kann, was Silke haben will, und warum sie es letztlich doch bekommt, weil das Familien- und Unterhaltsrecht grundsätzlich erst einmal auf der Seite der Mutter ist.

Dieser Vater wendet trotzdem, auf Einsicht Silkes hoffend, ein, dass er eine junge Familie zu versorgen hat. Die kleine Carla*, Mias Halbschwester, ist kaum ein Jahr alt. Durch die geforderte Unterhaltserhöhung bleibt der Familie einfach zu wenig Geld. Bertram listet ihr offen auf, wie schnell das monatliche Einkommen dahinschmilzt, wenn er schon den jetzigen Unterhalt und die Fixkosten abzieht, und wie wenig ihm und der Familie bleiben.

Silke hört einfühlsam zu. Aus langjähriger Erfahrung unterscheidet der Männerservice zwischen Einfühlsam und Mitfühlend. Ob jemand wirklich Mitgefühl hat, erkennen Sie nicht am treuherzigen Blick beim Zuhören, sondern zumeist aus dem Handeln.

Silke ist jedenfalls sehr geschickt und empathisch im Umgang mit Bertram. Sie versichert ihm mit sanfter Stimme, dass sie ihm wahrlich gerne entgegenkommen würde. Doch als sie fortsetzt, zuckt sie mit tiefstem Bedauern ihre Achseln: Das „Jugendamt“ habe sie mit erhobenem Zeigefinger ermahnt: Sie müsse das Geld nun einmal nehmen, irgendwie sei das Gesetz… Ja, und wenn sie nicht den höchstmöglichen Unterhalt verlangen würde, ja dann verlöre sie den Anspruch auf Sozialleistungen, wenn «irgendetwas wäre».

Bertram solle also anerkennen: Sie wäre ja nicht so, die Silke. Aber sie muss, leider, leider, den maximalen Unterhalt eintreiben lassen…

Liebe Leserinnen und Leser, seit Beginn des Männerservice hören wir von Müttern, die beteuern, die „Jugendämter“ würden sie förmlich zwingen, den höchstmöglichen Unterhalt zu fordern. Doch Behauptungen, dass Mütter verpflichtet wären, irgendwelche Unterhaltssummen auch tatsächlich zu fordern und einzukassieren, sind nicht nur Unsinn. Sie sind mit Sicherheit absichtlich gelogen. Warum nur?

Wir vermuten, hier spielt sich ein Wechselspiel aus Profitgier und zugleich verklemmter moralischer Selbstdarstellungsbemühung, sowie auf der anderen Seite dunkelster gesellschaftlicher Vorurteile ab: Vor „Jugendämtern“ werden sich viele Mütter vorgeblich etwas zieren, statt geradeheraus einfach so viel Kohle wie möglich zu fordern, werden lange ihre Problemen, die sich letztlich immer auf Geld zurückführen ließen, beschluchzen. Zugleich wird der Beschützerinstinkt so manches Bediensteten erwachen, aus dem felsenfesten Vorurteil heraus: Da hat wohl wieder ein böser, polternder Mann, gewaltbereit, wie sie nun einmal alle sind, diese zusammengekauerte Frau vor ihm eingeschüchtert! Daher nehmen so manche „Jugendämter“ der Frau die Verantwortung für ihre Forderungen ab, und erklären ihr, sie müsse das Geld nehmen, ob es ihr nun widerstrebt, oder ob es ihr dann doch sehr gut gefällt.

Letztlich ist es für Bertram egal, ob Silke nun selbst lügt, oder ob sie gerne die Lüge des „Jugendamts“ weitergibt. Sie könnte ja auch ganz offen erklären, dass sie nun einmal die höchstmögliche Summe will, sie könnte sogar frei zugeben, dass sie die Erhöhung für sich selbst, vielleicht heute für neue Schuhe und morgen für ein Wellnesswochenende mit dem neuen Partner ausgeben möchte. Für dieses Unterhalts-Unrecht wäre auch das in Ordnung und müsste von Amts wegen wider besseren Wissens als «Kindesunterhalt» bezeichnet werden.

Was jetzt für Bertram zählt, ist unsere Überprüfung der hier vorliegenden Forderung, egal wie freundlich und geschickt diese vorgebracht wurde. Wir stellen fest: Leider hat dieses „Jugendamt“ nur 10 Euro zu viel errechnet, geschätzt oder gewürfelt, was auch immer. Die Belastung lässt sich nicht weiter mildern. Bertram und seine Familie haben den Gürtel in der Zukunft sehr eng zu schnallen. Silke darf sich freuen.

Und doch können Reports wie dieser hier mithelfen, Ehrlichkeit ins Unterhaltsrecht zu bringen. Somit schaffen wir eine Basis, welche die Menschen erkennen lässt, welche Missstände hier herrschen.


Männerservice-Report #337, veröffentlicht am 13. Dezember 2022

Betroffene
Vater: Bertram Mislik*
Kinder: Mia*, 10 Jahre, und Carla*, 1 Jahr
Tamara*, Carlas Mutter und Bertrams Ehefrau

In der Verantwortung
Silke*, Mias Mutter
eine „Kinder- und Jugendhilfe“, genannt „Jugendamt“
österreichisches Unterhaltsrecht

Ort und Zeitraum:
Westösterreich, Juni 2022

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