Die Wunderwaffe Vorwurf

«Yvonne* und Steve* sind meine Kinder. Ich bin ihr Vater, nicht sie! Für beide bin ich ihr echter Vater» – so bekommen wir zu lesen, was Horst Spang* an Albert Thornton* schreibt.

An uns, den Männerservice, schreibt Horst Spang über Albert, er sei bloß der «Erzeuger» der Kinder, nicht der Vater. Gesuchter Straftäter sei dieser Mann, und wir sollten jemandem wie ihm nicht helfen.

Was ist geschehen?

Ein guter Freund Alberts, Tom Kirchschlager*, hat ihm empfohlen, sich an uns zu wenden. Doch schon vor dem ersten Gespräch haben wir gewarnt: Er solle sich bitte keine großen Hoffnungen machen. Seine Kinder sind seit vielen Jahren von ihm entfremdet, und sie haben ein Alter, in dem rechtliche Mittel keinen Sinn ergeben. Möglicherweise können wir durch unsere Erfahrungen helfen.

Entfremdete Kinder haben zumeist von ihrem Vater ein zwiespältiges Bild: Die bereits verblasste Erinnerung an einen zumeist liebevollen und fürsorglichen Vater – und das Bild des, nahezu Monstrums, das ihnen seit dem Tag der Trennung ständig und sehr emotional eingebrannt wurde.

Es wird schwer für Albert, überhaupt Kontakt zu den Kindern zu finden. Es wird wohl sehr schmerzen, wenn Yvonne und Steve in der ersten Reaktion Ablehnung zeigen, oder, womit zu rechnen ist: Dass ein Wiedersehen kurz ist und mit Vorwürfen der Kinder endet, die sie von der Mutter gehört und verinnerlicht haben.

Der Kontakt mit den Kindern, deren neue Namen oder deren Wohnort er nicht einmal kennt, wird schwer aufzubauen sein, sicher. Doch vor Alberts Idee warnen wir dringend, den Kontakt über die Mutter herstellen zu wollen. Wenn sie bereits in den letzten Jahren den Vater-Kind-Kontakt bekämpft hat, wird sie jeden seiner Versuche nur, unter Vorwürfen an Albert, so behandeln, als ob sie gestalkt oder bedroht worden wäre.

Der Vorwurf ist die Wunderwaffe der Kontaktverweigerin. Immer, wenn sie nicht weiter weiß, knapp bevor sie ihr eigenes Verhalten zu rechtfertigen hätte, zieht sie den Vorwurf aus dem Hut wie der Zauberer das Kaninchen. Dieses Wundermittel ist so einfach und funktioniert so prächtig:

Sofort wird damit vom ursprünglichen Anliegen, dem Kontakt zwischen Vater und Kind, abgelenkt, und alle Aufmerksamkeit richtet sich auf die Person des Vaters, danach, ob er einer von den «Guten» oder von «Bösen» sei. Moralisieren und Dämonisieren wechseln sich ab, und das ursprüngliche Thema, der Vater- Kind-Kontakt, ist wieder einmal vom Tisch gefegt worden.

Doch leider gibt Albert die Hoffnung nicht auf, Alina*, die Mutter seiner Kinder, überzeugen zu können, davon, wie gut es für die Kinder wäre, ihren Vater wieder sehen zu können.

Darauf folgen die vorausgesagten Vorwürfe. Doch nicht Alina hält Albert ihre Vorwürfe entgegen. Ihr neuer Mann, Horst, stellt sich, schützen glaubend, vor sie, und rechtfertigt mit den üblichen Vorwürfen die Entfremdung des Vaters.

Sogar an uns wendet sich Horst mit einer langen Liste. Gesuchter Straftäter sei Albert, die Kinder von ihm schwer traumatisiert, alles sei einwandfrei bewiesen.

Wie gehen wir mit Vorwürfen um? Zuerst prüfen wir die Frage: Haben die Vorwürfe überhaupt mit der Sache an sich zu tun?

Wir denken: Keinesfalls! Sollte Albert tatsächlich eine Straftat begangen haben, wie Horst überzeugt ist, dann ändert das nicht die Tatsache, dass Kinder Kontakt zu ihrem Vater haben sollen. Sie stammen immer noch von ihm ab, sie sollen diesen Teil ihrer Identität kennen und das lieben können, was jeder Mensch, und wenn er von Manchen noch so in Bausch und Bogen mit dem Wort «Täter» als zu hundert Prozent schlechter Mensch abqualifiziert würde, an Gutes und Liebenswertes in sich hat – wenngleich sie über die allfälligen Schattenseiten seiner Vergangenheit in vollem Bewusstsein stehen sollten.

Selbst im ungünstigen Fall geht es nicht darum, ob überhaupt, sondern in welcher Form der Vater-Kind-Kontakt zustande kommt, denn wichtig ist der Kontakt zum Vater für Kinder allemal.

Wir, welche weder Albert noch Horst in dieser Diskussion stehend haben wollten, werden nun von beiden mit Vorwürfen und Widerlegungen konfrontiert. Tom kennt die lange Vorgeschichte und legt bei uns ein Wort für Albert ein, wir hören Lydia*, die als Nachbarin die frühere Familie kennt und über Alina und Albert eine ganz andere Sichtweise vermittelt, sehr zu Gunsten Alberts.

Währenddessen listet Horst ganze Untaten von Albert auf. Alles sei in den Akten des Bezirksgerichts bewiesen. Moment, Bezirksgericht? Für schwere Straftaten ist ein Landesgericht zuständig. Also dürften doch gar keine schweren Straftaten Alberts vor einem Gericht verhandelt worden sein? Auf dem Bezirksgericht liegen meist Akten über eine Kontaktverweigerung, mit der Auflistung aller Vorwürfe, mit der Entgegnung des Vaters und oftmals nicht einmal irgend ein Beweis in irgend eine Richtung.

Wir investieren jedenfalls keine Zeit darin, mehr über die Vorwürfe oder deren Widerlegung in Erfahrung zu bringen. Es nützt einfach nichts.

Albert erfährt von uns einmal mehr, dass jeglicher Kontakt mit Alina oder Horst nur für alle sinnlosen Stress bedeutet. Horst gegenüber stellen wir klar, dass Worte wie «Erzeuger» inakzeptable Verunglimpfungen sind und es nicht hinzunehmen ist, dass er der neue Vater sein will. Er mag ein großartiger Stiefvater sein, wir glauben an sein gutes Herz, aber halten es für denkbar, dass auch er manipuliert wurde.

Besonders tragisch finden wir, dass Horst, wie er selbst erzählt, von seinem eigenen Kind entfremdet wurde. Was meint er, wie dessen Mutter ihn vor seinem Kind hingestellt hat, und wie sehr der neue Partner dieser Mutter ihn hasst?

Die meisten Kontaktverweigerinnen erklären uns, wie überaus super sie es finden, dass wir den Betroffenen Vätern helfen, den armen… Nur bei ihnen, folgt mit ernster Miene, sei es anders gewesen. Ihre Kinder wollen ihren Vater zu recht nicht sehen, denn der sei wirklich, wirklich ganz böse….

Lydias Worte treffen es am besten auf den Punkt, denn sie kennt die Kontaktverweigerung beim Kind ihres eigenen Mannes aus früherer Zeit:

«Es ist unglaublich, wie sehr eine Mutter die Gedankenwelt eines Kindes kontrollieren kann. Die meisten Menschen können sich das nicht einmal annähernd vorstellen.»

Daher ist es wichtig, Ihnen die vielen und kaum fassbaren Manipulationen, die tägliche seelische Gewalt und Grausamkeit, welche in diesem Lande geschehen, zu vermitteln, um Bewusstsein zu schaffen.


Männerservice-Report #228, veröffentlicht am 10. November 2020

Personen
Vater: Albert Thornton*
Kinder: Yvonne*, 15 Jahre, und Steve* 12 Jahre
Mutter: Alina Spang*
Stiefvater: Horst Spang*
Tom Kirchschlager*, Freund von Albert
Lydia Postner*, Nachbarin

Ort und Zeitraum:
Österreich, August 2020

Schreiben Sie einen Kommentar

Your email is never published nor shared. Pflichtferder sind mit * markiert

HTML: You can use these tags: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>