Die Retourkutsche

Mehr «Väterbeteiligung», so nennt die Politik ihren Wunsch, wenn es um die Rolle der Väter geht. Dass somit ein Vater, der für seine Familie arbeitet und ihnen damit die Lebensgrundlage schafft, sich ebenso wenig «beteilige» wie ein Vater, dessen Unterhaltsbeträge de facto Mutter und Kind finanzieren, sei für diesen Report erst einmal dahingestellt. Kilian Götschl* beteiligt sich jedenfalls auf eine Weise, welche den erstgenannten Vorstellungen völlig entspricht:

Trotz seines Vollzeitberufs hat er es über das vergangene Jahr zustande gebracht, dass sein Sohn Lucian* fast jeden zweiten Tag bei ihm übernachtet hat. Gleich nach Feierabend übernahm er seinen Kleinen, versorgte ihn liebevoll, bis er ihn behutsam zu Bett gebracht hatte.

Selbstverständlich hatte Brigitte*, Lucians Mutter, zu jeder Zeit vollen Unterhalt «für das Kind» von Kilian bezogen. Doch trotz des hohen Ausmaßes an Versorgung durch den Vater hatte sie eine nochmalige Erhöhung des Unterhalts von Kilian verlangt.

Sie werden verstehen, dass dieser Vater sich ausgenutzt gefühlt hatte. Doch Kilian wusste um das Risiko, vor dem der Männerservice stets warnt: Wenn ein Vater sein Kind außergewöhnlich oft betreut, hätte er theoretisch das Recht, den Geldunterhalt reduzieren oder aufheben zu lassen. Genau deshalb vermindern leider viele Mütter die Zeiten des Kindes beim Vater, wenn sie merken, dass die «Gefahr» besteht, dass der Vater wegen seiner Betreuungsleistung weniger Unterhalt zu bezahlen hätte.

Für jene, welche einfach nicht glauben wollen, wie perfide Familienrecht ist: Brigitte könnte ganz offen sagen, vor jedem Gericht und jedem Jugendamt dieses Landes, dass sie absichtlich das Kind nicht öfter zum Vater lässt, um mehr Geld vom Vater zu bekommen – niemand dürfte etwas dagegen unternehmen, im Gegenteil: Die Behörden hätten stur und blind den Unterhalt dementsprechend zu erhöhen, selbst wenn es ihnen widerstreben würde.

Dem Risiko, wegen Brigittes Geldgier Zeit mit seinem Sohn zu verlieren, will Kilian vorbeugen. Daher versucht er, die gewohnten Zeiten seines Sohnes gleich vorab gerichtlich festlegen zu lassen. Selbstverständlich hat er jederzeit das Recht dazu, so einen Antrag zu stellen. Doch hier befinden wir uns im Familienrecht, und wer hier von seinen Recht Gebrauch macht, kann ein böses Erwachen erleben.

Stellen Sie sich vor, Sie nutzen eines Ihrer Rechte und bekommen dafür eine Revanche zu spüren – sagen wir, Sie beantragen vom Finanzamt eine Fristverlängerung, und als Reaktion erhalten Sie eine Verdoppelung Ihrer Steuerlast, einfach so, weil den Beamten Ihr Antrag stört! Das ist in einem Rechtsstaat undenkbar, natürlich. Doch wie schon geschrieben, hier befindet sich Kilian im Familienrecht, nicht im Rechtsstaat.

Als Brigitte nämlich von Kilians Antrag auf Kontaktrecht liest, reduziert sie eigenmächtig das Kontaktrecht, und zwar auf jedes zweite Wochenende. Damit schafft sie Tatsachen, bevor das Verfahren überhaupt beginnt, und zwar gleich für zwei verschiedene Verfahren: Für das Kontaktrechtsverfahren und für das zukünftige Unterhaltsverfahren, in dem sie den höchstmöglichen Unterhaltsbetrag von Kilian herausschlagen wird, eben weil sie den Kontakt des Kindes zum Vater minimiert hat.

Der kleine Lucian wird nicht verstehen können, warum ihn sein Papa jetzt nicht mehr zu Bett bringt, keine Geschichte mehr vorliest und ihm keinen sanften Kuss mehr auf die Stirn drückt, wenn er fast eingeschlafen ist.

Brigitte hatte ihre Freiräume genossen, als Kilian so oft sein Kind an den Abenden versorgt hat. Wird sie jetzt plötzlich jeden Abend bei ihrem Kind sein, anstelle des Vaters, der immer noch so gerne dazu bereit wäre? Oder wartet eine Babysitterin auf der Couch, mit dem Smartphone in der Hand, bis das Kind «endlich» eingeschlafen ist?


Männerservice-Report #296, veröffentlicht am 1. März 2022

Betroffene
Vater: Kilian Götschl*
Kind: Lucian*, 5 Jahre

In der Verantwortung
Brigitte*, Lucians Mutter
österreichisches Familienrecht

Ort und Zeitraum:
Wien, Herbst 2021

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