Die Blase namens «Gemeinsame Obsorge»

Erinnern Sie sich noch, als die Diskussion entbrannt ist: Sollen Väter die «Gemeinsame Obsorge» haben oder nicht? Viele waren Feuer und Flamme für diese «Gemeinsame Obsorge», denn sie waren sicher: Damit würden Väter endlich dieselben Rechte wie Mütter haben. Schließlich ist diese Obsorge ja «gemeinsam», der Name erklärt doch alles!

Schon damals hatten wir gewarnt: Väter werden diese «Gemeinsame Obsorge» erst dann bekommen, wenn sie von innen ausgehöhlt wurde, bis sie nichts mehr enthält – nur den schönen Namen, das schöne Bild nach außen hin, zu den Wählern, zu den Bürgern hin.

Tatsächlich hatte die Regierung damals ihre Reform dann, als sie fertig war, mit stolzer Brust präsentiert: Ja, Väter können die «Gemeinsame Obsorge» beantragen. Viele Politiker und Journalisten haben diese frohe Kunde ins Volk getragen. Haben sich all diese gar nicht damit befasst, was die «Gemeinsame Obsorge» enthält?

Albert Pöckl hat die «Gemeinsame Obsorge» für seine Kinder seit Geburt an. So war er sich stets sicher: Auch jetzt, nach der Trennung von der Mutter, Stefanie, hat er das Recht auf Mitsprache über alle Belange, welche die Kinder betreffen. Nun will er zum ersten Mal davon Gebrauch machen.

Bestimmt und deutlich erklärt ihm Stefanie nämlich: Ab sofort wird ihr gemeinsamer Sohn Ronald Ritalin nehmen!

Kennen Sie dieses Medikament? Es wird vielfach sogar als Aufputschdroge verwendet. Diese Arznei ist dafür bekannt, dass sie bei Kindern verschrieben wird, die Aufmerksamkeitsstörung ADHS aufweisen, ein schweres Defizit, das ihren Schulerfolg gefährdet und eine Bürde für ihr Leben sein kann.

Hat sein Sohn dieses Syndrom? Albert ist schockiert darüber, und dass ihm davon gar nichts mitgeteilt wurde! So ein Medikament ist ein schwerwiegender Schritt. Warum wurde er gar nicht gefragt, nicht einmal informiert? Er hat doch die «Gemeinsame Obsorge»!

Viele werden Albert verstehen: Lieber würde er gerne die Gründe suchen, warum sein Sohn diese Aufmerksamkeitsstörung hat, statt ihn auf diese bekannte und bei Vielen verrufene Droge zu setzen.

Ronald wird zu viel herumgereicht von der Mutter, von einer Betreuungsperson zur nächsten, meint Albert. Da ist es doch kein Wunder, wenn das Kind völlig überfordert ist! Doch das würde Kritik an der Mutter bedeuten, und da blockt Stefanie stets ab.

Albert will vom Männerservice wissen, was er unternehmen kann, um seinem Kind zu helfen, um zu vermeiden, dass sein Sohn jahrelang auf Ritalin gestellt wird, und bessere Lösungen zu erreichen.

Er hat ja schließlich die «Gemeinsame Obsorge». Er hat ja volles Mitsprachrecht! Wir erklären Albert, wie dieses Mitsprachrecht aussieht:

Albert darf in allen Fragen mitbestimmen, richtig: In allen Fragen, in denen er derselben Meinung ist wie die Mutter.

Sollte Albert jedoch einmal anderer Meinung sein wie Stefanie, was dann? Kein Arzt würde Alberts Willen Folge leisten, ebenfalls keine Schule. Alle würden sie zuerst wissen wollen, was die Mutter meint. Und wenn diese andere Ansichten hat? Dann wird dem Wusch der Mutter gefolgt, und Albert erst gar nicht gefragt – so sieht die Praxis aus.

Also geschieht immer, was Stefanie will, auch bei «Gemeinsamer Obsorge». Stimmt der Vater zu, dann wird der Wunsch der Mutter umgesetzt, und der Vater ist zufällig einverstanden. Ist der Vater anderer Meinung, dann wird trotzdem der Wunsch der Mutter erfüllt, basta.

Ob er dagegen gerichtlich einschreiten könne? Aber natürlich, Albert! Dann würde das Gericht aber feststellen: Die Eltern können sich ja nicht einigen! Wenn das der Fall ist, ja dann, funktioniert die «Gemeinsame Obsorge» bei diesen Eltern ja nicht! Also hätte Stefanie beste Chancen, die «Gemeinsame Obsorge» aufheben zu lassen: Albert ist ja anderer Meinung als sie! Und dann wird erst recht umgesetzt, was Albert verhindern wollte, denn Stefanie darf dann ab sofort auch formell ganz alleine entscheiden.

Sehen Sie, das ist der Sinn der «Gemeinsamen Obsorge»: Beide Eltern einigen sich auf den Willen der Mutter! Wie war noch einmal der Unterschied zur Alleinigen Obsorge, was elterliche Mitbestimmung betrifft? Richtig, keiner!

Wir empfehlen Vätern: Nehmen Sie trotzdem auf jeden Fall die «Gemeinsame Obsorge» an, wenn Sie sie bekommen. In Ausnahmefällen, wie plötzlicher Handlungsunfähigkeit der Mutter, ist sie von Vorteil. Doch erwarten Sie nicht das Geringste davon, was der Name verspricht.

Die «Gemeinsame Obsorge» ist wie eine Blase: Außen schön anzusehen, innen nur Luft – doch wenigstens keine heiße Luft wie bei den Versprechen der Bundesregierung um die «Gemeinsame Obsorge».

Wir informieren Albert Pöckl von den bescheidenen Möglichkeiten, wenigstens zu den ärztlichen Informationen zu gelangen, worunter sein Kind leidet und wie er helfen kann. Ob er anhand dessen jedoch versuchen soll, gerichtlich zu vermeiden, dass sein Kind mit dieser Droge behandelt wird, ist eine Abwägung, die nur mit größtem Bedacht erfolgen soll.


Männerservice-Report #212, veröffentlicht am 21. Juli 2020

Betroffene
Vater: Albert Pöckl*
Kinder: Ronald*, 7 Jahre, Annabell* und Miriam*, 4 Jahre

In der Verantwortung
Stefanie*, Mutter der Kinder
österreichische Bundespolitik

Ort und Zeitraum:
Kärnten, April 2020

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