Der doppelte Boden

«Ich fühle mich, als ob ich alles verloren hätte, ich bin wirklich auf dem Boden», meint Peter Karg» verzagt, als er den Männerservice um Hilfe bittet.

Er wusste bereits seit einiger Zeit, dass seine Frau Sabine* ein Abenteuer mit ihrem Kollegen, Winfried Bock*, gehabt hatte. Doch seine Ehe und seine Familie wollte er so schnell nicht aufgeben. Als ihm Sabine erklärte, sie wolle die Scheidung, jetzt sofort, so schildert Peter, konnte er das noch gar nicht wahrnehmen. Sollte sich das Leben seiner Kinder und sein Familienleben so schlagartig ändern? Dieser Vater war von der Schnelligkeit der längst vorbereiteten Ereignisse überfordert.

Daher half Sabine tüchtig nach, mit Hilfe des österreichischen Gewaltschutzes, und eines abends stand Peter Karg verdattert vor seiner Wohnungstür, weggewiesen und, ohne jegliche Sachbeweise und nicht einmal ordentlich befragt vorher, als «Gefährder» stigmatisiert.

Wir verstehen, dass sich Peter völlig am Boden fühlt. Doch leider wissen wir: Es geht noch tiefer. Bildlich gesprochen öffnet sich bald dieser Boden, und er fällt noch tiefer.

Peters erste Vorstellungen sind zwar menschlich verständlich, doch jenseits der traurigen Realität in diesem Land: Er will das Sorgerecht für die Kinder, will vermeiden, dass sie einen anderen Mann als Ersatzvater vorgesetzt bekommen, und zuerst einmal will er schnellstmöglich wieder zu seinen Kindern. Sie fehlen ihm schmerzlich, und er windet sich in den paar Stunden Schlaf, die er noch bekommt, beim Gedanken, wie sehr der Vater den Kleinen fehlen würde.

Wir klären Peter darüber auf, was jetzt in Wirklichkeit zu erwarten ist – und wir verstehen, dass dies zu viel auf einmal ist.

Wenige Tage später jedoch stellt dieser Mann fest, dass unsere Befürchtung eingetreten ist:  Er darf auch nach Ablauf des Betretungsverbots nicht mehr nach Hause. Sabine verlängert es durch eine gerichtliche Verfügung – natürlich wieder ohne Beweise und ohne sorgfältige Prüfung.

Nun glaubt und versteht Peter: Um das Sorgerecht zu kämpfen, ist jetzt sinnlos. Er steht als Gewalttäter da. Auf die «Alleinige Obsorge» hat er daher keine Chance, und die «Gemeinsame Obsorge» ist ein zumeist wertloses Papier, das hierzulande nicht einmal die Sicherheit bietet, dass er seine Kinder überhaupt sehen kann.

Wenigstens hat Peter jetzt, nachdem er den kläglichen Rest seiner Rechte und die Realität im Familienrecht wie auch im Gewaltunterstellungsrecht ungeschönt kennt, die Klarheit darüber, was sinnvoll ist, zu erreichen: Dass er überhaupt Kontakt zu seinen Kindern wiedererlangen und halten kann.

Wir wünschen Peter Alles Gute auf seinem langen, mühseligen Weg und unterstützen, wo wir können.


Männerservice-Report #273, veröffentlicht am 21. September 2021

Betroffene
Peter Karg*
zwei Kinder im Vorschulalter

In der Verantwortung
Sabine Karg*
Winfried Bock*, Sabines Arbeitskollege
österreichisches Familienrecht und Gewaltschutzsystem

Ort und Zeitraum:
Wien, Mai 2021

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