Das starke Stück

Um Olga* brauchen wir uns keine Sorgen zu bereiten. Mag sie manchmal von Nichtsahnenden voreilig als notleidende Alleinerziehende bedauert werden, so hat sie doch nie offen gelegt, wie es um die Finanzen steht.

Rainhart*, der Vater ihrer Tochter, überweist monatlich über 700 Euro. Zusammen mit Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezieht sie 900 Euro monatlich dafür, dass Juliana bei ihr lebt.  Sie kann sich entscheiden: Je weniger sie arbeitet, desto höher sind die zusätzlichen Unterstützungen für die Wohnkosten. Je mehr sie arbeitet, desto höher wird die Kinderbetreuung unterstützt, während sie selbst Geld verdient.

Es ist das Vorurteil, dass ausnahmslos jede Alleinerziehende für sich und das Kind um jeden Cent zum Leben ringen würde, welches dieses Unterhaltsrecht in solche unfassbaren Auswüchse getrieben hat, dass es Betroffene kaum fassen können. Öffentlich werden die Sorgen der Väter klein gehalten, stattdessen wird der Stereotyp der immer böswillig vom Vater allein gelassenen Alleinerziehenden, die niemals genug Geld von ihm bekommt, so oft und wiederholt bemüht, dass Unrecht aufrecht erhalten wird, einfach weil es nicht erkannt wird.

Noch bevor Rainhart zum Kern seiner Frage gelangt, stößt dem Männerservice auf, wie dieser Vater auf monatliche Zahlungen von über 700 Euro kommt. Er überweist tatsächlich seine Hälfte das «Familienbonus», 83 Euro, zusätzlich zum Prozentunterhalt. Warum nur?

Die Väter in Österreich sind sich gar nicht bewusst, warum ihnen der Familienbonus zusteht, und warum dieser «Familienbonus» sicher kein Bonus für die Väter ist:

Der Teil des Familienbonus für Rainhart beträgt also 83 Euro. Doch genau wegen der Einführung des Familienbonus wurde der Unterhalt durch die Hintertür erhöht, ohne dass es die Väter bemerkt haben – und natürlich ohne dass sie jemals von Politik oder Medien informiert worden wären. In Rainharts Fall ergibt seine Unterhaltsberechnung seit dem Familienbonus einen um 92 Euro höheren Unterhalt, den er an Olga zu überweisen hat. Die 83 Euro Familienbonus würden also seinen Schaden nur verringern. Wenn er diesen Bonus jedoch an Olga überweist, profitiert sie doppelt, durch höheren Unterhalt und den Teil des Familienbonus, der Rainhart zusteht.

Wie kommt nur so eine freiwillige Übereinkunft zustande? Zum einen durch Unwissenheit, sicherlich – zum anderen durch ein Selbstverständnis, dass alles, was ein Vater für sein Kind erhält, das er schließlich durch einen hohen Anteil seines Arbeitseinkommens versorgt, automatisch der Mutter gehören solle, so wie wohl das Kind «der Mutter gehöre».

Dieses Selbstverständnis zeigen Olga ebenso wie ihre Anwältin, Katrin Zeissig*, im nächsten Stück, einem Starken Stück:

Statt sich dankbar zu zeigen, dass Rainhart mehr bezahlt, als er selbst nach Maßstäben dieses Unterhaltsrechts zu zahlen hätte, versuchen sie, gleich noch mehr Geld zu holen. Selbstverständlich kann sich eine Unterhaltsbezieherin, Datenschutz oder Bürgerrechte hin und her, jederzeit die Lohnzettel eines zu Unterhalt Gezwungenen vorweisen lassen, spätestens über ein «Jugendamt» oder ein Gericht. In diesen Einkommensnachweisen entdecken die Unermüdlichen, was weitere Begierden weckt:

Rainhart erhält neuerdings eine Kinderzulage, über 170 Euro, weil jeder Vater und jede Mutter in seiner Firma diese Zulage pro Kind bekommt.

Sofort richtet die Anwältin einen Brief an Rainhart, inklusive dem üblichen anwaltlichen Drohgehabe. Er solle fortan diese Kinderzulage ebenso überweisen wie den Familienbonus.

Wir werten diesen Brief als unverschämten Versuch Olgas und ihrer Anwältin. Möglicherweise geht dieses Starke Stück nach hinten los, denn wir erklären Rainhart, dass er die Überweisungen des Familienbonus sofort stoppen kann, und dass Olga keine Chance darauf hat, die ganze Kinderzulage für sich zu beanspruchen.

Einmal mehr zeigt sich, wie viele Betroffene einfach zu schlecht informiert sind, dass sie im Dunkeln gelassen werden, sobald es zu ihrem Nachteil gereicht. Daher leisten die Männerservice-Reports einen wichtigen Baustein zum Zugang für faire Information, damit ausgeglichen wird, was Politik, Justiz und viele andere Medien vorenthalten.


Männerservice-Report #381, veröffentlicht am 10. Oktober 2023

Betroffene
Rainhart Winter*
Tochter Juliana*, 6 Jahre

In der Verantwortung
Olga*, Julianas Mutter
Katrin Zeissig*, Rechtsanwältin

Ort und Zeitraum:
Steiermark, April 2023

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