Vorsicht vor der freundlichen Beratung!

Christoph Maierdorfer* wird seinen Arbeitsplatz verlieren. Er hat jahrzehntelang keinen anderen Job mehr gesucht. Wird er jemals wieder Arbeit finden, in seinem Alter?

Genau für solche Menschen ist die Abfertigung da: Ganze 12 Monatsgehälter wird Christoph nach seiner langen Dienstzeit bekommen, und er würde sie dringend brauchen, als Reserve für die nächsten Jahre, falls er aus dem AMS-Geld in die Notstandshilfe abrutscht.

Doch genau Menschen wie Christoph haben um ihre Abfertigung zu fürchten, denn er gehört zu der Klasse Mensch, der sogar ein Teil der Abfertigung wieder genommen werden darf: Christoph ist unterhaltspflichtig, für zwei Kinder.

Wenn wir das Wort “Unterhalt” für bare Münze nehmen, dann sollte der Unterhalt für ein Kind doch dafür da sein, dass der Bedarf des Kindes damit gedeckt wird. Warum steigt dann der „Bedarf“ des Kindes dann kurzzeitig schlagartig an, sobald dessen Vater eine Abfertigung bekommt? Unser Unterhaltsrecht antwortet mit einer Floskel: Das Kind solle immer “am Lebensstandard des Vaters” teilhaben können. Dabei interessiert es niemanden in Politik und Justiz, ob ein Vater wie Christoph das Geld seiner Abfertigung für „kurzzeitig erhöhten Lebensstandard“, was im Grund “verjubeln” wäre, verwendet, wie ihm mit solchen Floskeln pauschal unterstellt wird, oder ob er es für schlechte Zeiten, die bei einer Arbeitslosigkeit sicher kommen werden, aufsparen will. Laut unserem Unterhaltsrecht genießt Christoph vom Geld der Abfertigung gerade einen “höheren Lebensstandard”, basta. Das ist, wie so oft, keine Tatsachenwahrheit, aber eine “juristische Wahrheit”. Solche kann nicht angezweifelt werden. Sie ist eine scheinmoralische Rechtfertigung unter Tatsachenverdrehung, mit der dem Volk weisgemacht werden kann, dass moralisch in Ordnung sei, was eben menschlich nicht in Ordnung ist.

Christoph hat davon gehört, dass er Teile der Abfertigung durch zusätzliche Unterhaltsforderungen verlieren kann. Er will wissen, wie viel von dieser Summe er behalten und ansparen kann. Wo sucht ein Vater wie er Rat und Hilfe? Er versucht es beim Bezirksgericht. Die Beamten dort werden ihm wohl objektiv Auskunft geben.

Bei Gericht sitzt er nun vor Anja Fraud*, und er fühlt sich erleichtert. Diese Rechtspflegerin ist sehr freundlich und hört ihm geduldig zu, besonders bei seinen Sorgen über die Zukunft, und sie spricht in sehr hilfreich wirkender Art und Weise mit ihm.  So baut Christoph zunehmend Vertrauen in Anja Fraud auf.

So sehr er sich menschlich wohl fühlt bei Anja Fraud: Sie bedauert wirklich sehr, aber rechtlich sei es, leider, leider eine Tatsache: Bis zu 100% der Abfertigung würde er in Summe als Unterhalt mehr zu bezahlen haben als bisher. Das ist leider so – Christoph spürt, wie es Anja Fraud aufrichtig leid tut, aber sie könne nun einmal nicht anders. Ja, und richtig gut meint sie es mit Christoph, als sie fortsetzt: Woanders als bei ihr wird es meist noch schlimmer. Beim Jugendamt sowieso, das würde ihm noch mehr nehmen wollen. Ja, und wenn die Leute, schildert Anja Fraud voll nachsichtigem Mitgefühl, mit Unterhaltsbeschlüssen wie den ihren nicht zufrieden seien und in die nächste Instanz gingen, dann, ja, dann seien sie danach noch viel, viel unzufriedener.

Christoph ist ernüchtert. Und doch hat er das Gefühl: Diese Rechtspflegerin scheint es von Herzen gut zu meinen mit ihm. Sie scheint ihm mit ihrer Warnung sogar zu helfen: Wie schlimm ihr Urteil auch werden mag, wenn er in Rekurs geht, würde es ja noch schlimmer.

Dieser Vater hat nach diesem warmherzigen Gespräch, in dem so viel gut gemeintes menschliches Verständnis spürbar war, sogar den Eindruck: Wenn er ihr nicht glaubt und trotzdem Anträge stellt, von denen sie ihm wärmstens abrät, er würde diese nette Frau enttäuschen, er würde ihre Gunst verlieren, ja und dann könnte es ja noch schlimmer kommen.

Doch: 100% der Abfertigung verlieren, seinen Notgroschen? Christoph sucht nach anderen Stellen, die Auskunft geben können, und gelangt zum Männerservice. Wir hören uns verblüfft die Ausführungen an und eröffnen ihm:

Möglich ist tatsächlich alles, vielleicht sogar die ganze Abfertigung zu verlieren, aber nur, wenn er sich solche Beschlüsse gefallen lässt. Denn offenbar ist es wahrscheinlich, dass Anja Fraud einen widerrechtlichen Beschluss fällt. Der wäre jedoch trotzdem durchsetzbar, wenn Christoph eben keine Gegenanträge oder einen Rekurs startet.

Wir finden es perfide, wie eine Bedienstete der Republik Österreich einem Bürger Auskünfte gibt, welche gegen geltendes Recht sind, und ihn über die heuchlerisch hilfsbereite Schiene davon abbringen will, sich gegen einen widerrechtlichen Beschluss zu wehren.

Bitte achten Sie daher darauf: Besonders im Familien- und Unterhaltsrecht können die Freundlichen oft die Gefährlichsten sein. Sie reden Ihnen Ihre rechtlichen Möglichkeiten aus, indem sie sich als den “guten Polizisten” darstellen, bauen ein Vertrauensverhältnis auf, das sie gegen Sie nutzen. Dabei haben viele dieser Freundlichen in Wirklichkeit knallhart nur Ihren Nachteil im Sinn und versuchen Ihnen diesen geschickt unterzujubeln.

Wir finden so ein Verhalten wie von Anja Fraud, bitte verzeihen Sie, einfach widerlich. Doch eine Beschwerde hätte keinen Sinn, denn alle ihre Vorgesetzen stehen hinter ihr, und Parlamentsparteien sowie die Regierung ebenfalls. Daher helfen wir Christoph Maierdorfer, in der Sache gegenzuhalten. Er wird doch einen sehr großen Teil seiner Abfertigung ansparen können und ist glücklich, dass er mit uns gesprochen hat. Nur ein gewisser Teil wird leider de facto der Bereicherung der Kindesmutter dienen – und Anja Fraud wird sich wundern, warum Christoph so gar nicht mehr auf sie hört.

Doch vermutlich führt sie ohnehin gerade Gespräche mit dem nächsten, verzweifelten Hilfesuchenden, der zunehmend Vertrauen in sie fasst, und hofft, dass wenigstens der den Männerservice nachher nicht kontaktiert, um ihre Aussagen zu überprüfen.


Männerservice-Report #203, veröffentlicht am 19. Mai 2020

Betroffene
Vater: Christoph Maierdorfer*

In der Verantwortung
Anja Fraud*, Rechtspflegerin an einem niederösterreichischen Bezirksgericht
österreichisches Unterhaltsrecht

Ort und Zeitraum:
Niederösterreich, 28. Januar 2020

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Ein Kommentar

  1. (Unser Unterhaltsrecht antwortet mit einer Floskel: Das Kind solle immer “am Lebensstandard des Vaters” teilhaben können.)
    Sehr nette Floskel, gilt offensichtlich nur, wenn es um mehr, aber nicht, wenn es um weniger geht. Wenn nun der Vater Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe bezieht – wird diese Floskel auch angewendet? Ich befürchte, in diesem Fall wird mit “Anspannung” gedroht.