Vier gegen Einen

Mit einem flauen Gefühl im Magen steigt Willi Käser* die Treppen zum Bezirksgericht Innsbruck hoch. Über die Unterhaltsbelastung, die ihm an die Mutter seiner Kinder, Teresa*, auferlegt werden soll, will der Rechtspfleger Jörg Petzner*, mit ihm sprechen. Was will er denn von ihm?

Seit Teresa ausgezogen ist und die Kinder mitgenommen hat, seitdem hat Willi jeden Monat pünktlich Unterhalt bezahlt. Es lief wie so oft: Um das Klima während des Auszuges gut zu halten, hatte Teresa viel versprochen: Seine Kinder könne er sehen, so oft er wolle, und weil er die Kinder ja so oft betreue, müsse er nicht viel bezahlen. Trotzdem hatte Teresa rund 750 Euro pro Monat für die Kinder zu Verfügung, wenn wir Unterhalt, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag addieren.

Über die Jahre jedoch ist der Kinderkontakt, nun, wie lässt es sich rückblickend sagen? Er ist von Monat zu Monat komplizierter geworden. Willi konnte es Teresa nie recht machen. Sie ordnete ihm an, wie er seine Zeit mit den Kindern zu gestalten hat, und jedes mal war etwas auszusetzen, jedes mal ein Grund mehr gefunden, die Zeiten zu verringern. Jetzt sieht Willi die Kinder so oft wie jeder andere Trennungsvater.

Was folgt, wundert den Männerservice nicht: Teresa fordert mehr Unterhalt, weil sie ja die Kinder so oft bei sich hat. Wir verstehen Willi, dass er stets damit antwortet: Sie soll den Kindern eben Zeit bei beiden Eltern lassen, statt die Kinder nur an sich zu binden und dafür mehr Geld zu fordern.

Deshalb steht Willi jetzt vor der Tür von Jörg Petzner. Ein Rechtspfleger ist wie ein halber Richter, er kann Verhandlungen führen und Beschlüsse fassen, jedoch in eingegrenzten Gebieten, vor allem bei Unterhaltsverfahren. Diese Verhandlungsführung bekommt Willi jetzt zu spüren:

Als er die Tür öffnet, fröstelt ihm: Er blickt auf ein Tribunal. Neben dem Rechtspfleger sitzt Alfons Schwarzmann*, der im Namen der Tiroler Jugendwohlfahrt Unterhalt eintreibt, einen Sessel daneben starrt ihn mit scharfem Blick Friederike Stolz* an, eine Anwältin, und von allen schützend umringt erblickt er Teresa. Vier gegen einen, so beginnt also ein faires Verfahren.

Der Rechtspfleger erteilt das Wort. Alfons Schwarzmann darf beginnen, damit, was er von Willi fordert, «im Namen der Kinder», die davon nichts wissen, also in Wirklichkeit in Teresas Namen: Fast 500 Euro mehr Unterhalt will er, und das rückwirkend bis 2015!

Jetzt darf Willi sprechen, wenn Sie das so nennen wollen: Er darf nämlich nur eine einzige Frage beantworten: Wie denn sein Angebot laute? Willi wäre nach wie vor gerne bereit, in Doppelresidenz die Kinder zur Hälfte zu versorgen. Die Kinder hätten es schön im familiengerechten Haus, und er als Frührentner hätte er sogar mehr Zeit für die Kinder als die Mutter. Was er also meint, wird ihm von den Vier gegenüber, die alle nur über bares Geld reden wollen, wie ein Verbrechen ausgelegt: Zahlen will er also nicht, der Willi. Danke, setzen und schweigen, Willi! Weiter mit der Gegenseite:

Wenn Sie glauben, irgendjemand befasst sich ernsthaft damit, was die Kinder denn überhaupt brauchen würden, werden Sie enttäuscht. Jetzt geht es nur mehr darum, wie viel Willi verdient, wie viel ihm genommen werden darf. Die Herren von Jugendamt und Gericht breiten nun jedes Einkommen Willis in den letzten Jahren aus. Dass von diesen Summen nicht einmal die Steuer berechnet wurde bisher, das wollen sie nicht hören.

Jörg Petzner bleibt so «neutral», wie er begonnen hat: Nun darf Teresas Anwältin darüber sprechen, was Willi bezahlen soll, konkret, ob sie denn eine höhere oder niederere Summe will. Der Rechtspfleger lädt die Anwältin richtig dazu ein, legt ihr in den Mund, mehr zu fordern. Sie braucht nur «ja» zu sagen.

Jörg Petzner ist in Fahrt: Jetzt will er von Willi wissen, wie viel Miete der denn bezahle, ja, und sogar welches Auto er fahre. Liebe Leser: Willis Ausgaben und sein Besitz sind für den Unterhalt irrelevant. Spätestens jetzt ist das Verfahren in bester Tradition, nämlich jener der Inquisition. Jörg Petzner scheint geradezu bemüht, Willi als Krösus mit dickem Auto und schönem Haus, der bloß nicht zahlen will, darzustellen. Seine jahrelang bezeugte Bereitschaft, sich selbst mehr um die Kinder zu kümmern, protokolliert er nicht, aber Willis Auto schon. Nur der Kilometerstand fehlt noch im Protokoll.

Nun folgen die Befragungen, die peinlichen. Jörg Petzner erteilt das Wort.

Erst darf Teresas Anwältin Willi befragen, nach jeder kleinen Zusatzpension irgendwo auf der Welt, welche Willi ihr noch nicht offenbart haben könnte, oder sogar nach Zinsen irgendwo ausserhalb Österreichs, die ihr durch die Lappen gehen könnten, in dieser Zeit minimaler Sparzinsen.

Als nächster darf Alfons Schwarzmann, der Teresa gleichzeitig mit der Anwältin vertritt, aber in seinem Fall auf Kosten des Bundeslandes Tirol, Willi löchern.

Zu guter Letzt darf Teresa den Vater ihrer Kinder befragen. Ja, Sie haben richtig gelesen. Nachdem ihre beiden Vertreter Willi schon unter Billigung des gegen ihn voreingenommenen Rechtspflegers löchern durften, darf die Frau selbst den Mann verhören.

Endlich schließt Jörg Petzner das Spiel «Vier gegen Willi» ab, mit einer saftigen Forderung: 39.408 Euro solle Willi jetzt nachzahlen, weil er jahrelang unter Billigung Teresas weniger bezahlt hat, als diese bunte Truppe jetzt ausrechnet. Willi braucht jetzt nur eines:

Nein, nicht erst einmal frische Luft, keinen kräftigen Schnaps, er braucht jetzt den Männerservice!


Männerservice-Report #168, veröffentlicht am 10. September 2019

Betroffene
Vater: Willi Käser*
Kinder: Simone*, 8 und Karlheinz*, 11

In der Verantwortung
Teresa Käser*, Mutter der Kinder
Jörg Petzner*, Rechtspfleger am Bezirksgericht Innsbruck
Alfons Schwarzmann*, Kinder- und Jugendhilfe Tirol, Innsbruck
Friederike Stolz*, Rechtsanwältin, Vertreterin der Mutter
österreichisches Unterhaltsrecht

Ort und Zeitraum:
Innsbruck, 11. April 2019

Reply to christoph schneider

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