Geschichten aus dem Staat Oberösterreich

Kennen Sie den Staat Oberösterreich? Irgendwo muss es ihn geben, denn er scheint andere Gesetze zu kennen als dessen Nachbarstaat Österreich, wie ein Linzer Bezirksgericht Robert Vorderstädter erklärt.

Robert hat sich ursprünglich an eine Parlamentspartei gewendet, weil er schon wieder auf eine Unterhaltserhöhung verklagt werden soll. Sehr oft blocken Parteien Väter eiskalt ab, doch dieser Parteifunktionär will wirklich helfen und ist ehrlich. Daher leitet er Robert an uns weiter und spricht mit uns davor ganz offen, denn die meisten Parteien wissen genau, wie groß das Unrecht im Familienbereich ist und dass Männern nicht einmal ehrlich gemeinte Hilfsangebote zur Verfügung stehen.

Roberts Unterhaltsangelegenheit ist für uns Routine. Als reine, erfahrene Praktiker können wir gleich abschätzen, dass die Jugendwohlfahrt Robert über den Tisch ziehen will. Wie so oft empfehlen wir, diese Behörde und deren leere Drohungen einfach zu ignorieren.

Einer unserer vielen Tipps für Robert lautet: Er hat hohe Fahrtkosten zur Arbeit, unzumutbar mit öffentlichem Verkehr. Diese Fahrtkosten kann er von der Unterhaltsbemessung abziehen, mit 0,21 Euro pro Kilometer, dem halben Kilometergeld. Warum die Hälfte? Unser Familienrecht weiß genau, dass Unterhaltszahler sparsamere Autofahrer sind als andere Staatsbürger, darum wohl. Und doch, immerhin, dieser Absetzbetrag trägt sehr zu Roberts Entlastung bei.

Bei der Jugendwohlfahrt braucht er solche Absetzbeträge erst gar nicht in den Mund zu nehmen. Wie empfohlen, lässt er es auf ein Gerichtsverfahren ankommen, denn bei Gericht kann er Absetzbeträge beantragen, und nach österreichischem Recht sind sie ihm zu gestatten.

Verblüfft stellen Robert und wir jedoch fest: Wir haben irgendetwas versäumt, in Geografie und Staatskunde! Der Rechtspfleger am Bezirksgericht nämlich kennt den Absetzbetrag zwar genau, doch er verkündet: Diese Entlastung für Unterhaltszahler „gilt in Oberösterreich nicht!“

Völlig perplex sammeln wir unsere Sinne. In jedem Flecken eines Staats gilt doch dasselbe Recht. Es kann nur ein Antwort geben: Oberösterreich hat sich unabhängig erklärt, und  wir haben es nicht bemerkt! Fieberhaft suchen wir, doch nirgendwo sehen die Oberösterreich als eigenen Staat, auf keiner Landkarte, weder als UNO- noch EU-Mitglied, nicht einmal eine eigene Fußballnationalmannschaft hat der Staat Oberösterreich. Hat uns Oberösterreich denn doch nicht verlassen?

Kann doch zutreffen, was wir uns alle nicht vorstellen wollen? Dass dieses Bezirksgericht Robert sein Recht auf Entlastung vorenthält? Dass dieses Bezirksgericht verlangt, Robert solle einen Anteil Unterhalt zahlen von einem Geld, das er gar nicht hat? Das er für die Fahrkosten zur Arbeit schon ausgegeben hat, damit er genau das Geld überhaupt verdienen kann, das ihm dieses Gericht abnehmen will?

Sofort senden wir Robert den Beweis, dass die Fahrkostenanrechnung gilt, und wir empfehlen ihm, wie so vielen anderen:

Fragen Sie nicht, ob und welche Entlastung sie bekommen. Als Vater werden sie mündlich oft eiskalt abgewimmelt, mit bewussten oder unbewussten Falschaussagen auf Ihren Kosten, sie können ja nicht nachweisen, dass Sie falsch informiert wurden.

Beantragen Sie schriftlich, dann haben Sie ein Recht auf schriftliche Antwort mit sauberer Begründung. Dann können völlig falsche Beschlüsse aus dem „Staat Oberösterreich“ nämlich beeinsprucht und korrigiert werden, bis sie wieder österreichischem Recht entsprechen.

Männerservice-Report #79, veröffentlicht am 26.12.2017

Betroffene
Vater: Robert Vorderstädter*

In der Verantwortung
Linzer Bezirksgericht
Linzer Jugendwohlfahrt

Ort und Zeitraum:
Linz, Oktober 2017

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