Ausgesperrt!

Karl sitzt in einer Sozialunterkunft in Dornbirn. Er ist ratlos, er ist fassungslos. Noch vor einer Woche lebte er in seiner Wohnung mit seiner Familie, und nun hier, alleine und voll Schmerz darüber, wie ihm seine Kinder und der Alltag mit ihnen fehlen, einsam und ohne Zukunft. In drei Tagen soll er diese notdürftige Unterkunft verlassen. Er hat keine Ahnung, wohin er jetzt soll.

Seine Frau, Dunja, hat ihn vor ein paar Tagen einfach aus der Wohnung ausgesperrt. Er wollte einfach nur nach Hause kommen, doch der Schlüssel steckte von innen, und seine Frau hat ihm durch die Tür in unflätigen Worten zugerufen, es solle verschwinden

Um die Ehe ist es nicht gut gestanden, erzähl Karl. Doch berechtigt eine kriselnde Ehe, den Partner einfach auszusperren?

Wir wissen von anderen Fällen: Wenn ein Mann seine Frau einfach aussperren würde, ihr würde sofort geholfen werden, und zwar zu Recht. Die Wohnung könnte zwangsgeöffnet werden, und in der Praxis wäre überdies eine unrechtmäßige Retourkutsche ein Leichtes für die Frau: Der Mann stünde schließlich selbst auf der Straße, weil ihn die Frau nach der Zwangsöffnung gleich wegweisen lassen könnte, mit dem Gefährdungsindikator «bevorstehende Trennung» – das genügt schon. Hier ist es jedoch umgekehrt: Die Frau sperrt den Mann aus, und wieder ist der Ergebnis dasselbe: Der Mann steht auf der Straße und kann nichts dagegen unternehmen.

Karl hat sich an die Polizei gewandt, ob denn sie ihm Zutritt zur Wohnung verschaffen könne, eine Wohnung, die beiden Ehepartnern gehört, und natürlich eine Wohnung, für die nur Karl allein die Kreditraten bezahlt. Er solle akzeptieren, dass ihn seine Frau nicht mehr in seiner eigenen Wohnung haben wolle, so hätten die Polizisten daraufhin gemeint. Ja, und natürlich haben sie sofort geprüft, ob denn eine Wegweisung gegen Karl vorliegt, denn sie wissen: Üblicherweise sichert sich eine Frau die Wohnung, indem sie dem Mann Gewalt unterstellt, die Polizei als Helfershelfer ruft und von dieser den Mann aus Wohnung werfen lässt.

Doch Wegweisung liegt keine vor. Bis jetzt hat Dunja keine Gewalt unterstellt.

Karl sucht beim Gericht Hilfe. Dort meint eine Richterin: Es sei schon richtig, die Frau dürfe ihn gar nicht aussperren. Doch Karl bekommt nicht einmal einen einzigen Rat, wie er sein Recht auch durchsetzen könne.

Wobei die Richterin wohl wusste: Es hätte in der Praxis keinen Sinn für Karl, sich den Zutritt zur Wohnung mittels seiner, nur theoretischen, Bürgerrechte zu verschaffen. Die leiseste Gewaltunterstellung von Dunja würde alle Bemühungen wieder zunichte machen. Denn in der Sekunde, bevor eine Gewaltunterstellung aus dem Mund der Frau ausgesprochen würde, hätte Karl zwar das Recht auf die Nutzung seines Eigentums. Doch ab der ersten, unbewiesenen Unterstellung sofort wieder nicht mehr. Es überrascht uns daher nicht im Geringsten, dass Dunja ihm schon angedroht hat: Sobald Karl um seine eigene Wohnung zu kämpfen beginnen würde, lässt sie eben eine Wegweisung aussprechen.

So erkennt Karl fassungslos: Seine eigene Wohnung hat ihm im Grunde nie gehört. Dunja hätte ihn von der ersten Sekunde des Einzugs an jederzeit hinauswerfen lassen können. Die Republik Österreich unterstützt durch Unterlassen oder aktives Handeln, dass er für eine Wohnung Schulden zurückzahlt und trotzdem selbst auf der Straße steht.

Wir können Karl durch Tipps beim Versuch unterstützen, auf dem Zivilrechtsweg voranzukommen, und ihn aus unseren Erfahrungen heraus warnen und zur Vorbeugung aufrufen: Über ihm schwebt das Damoklesschwert der Gewaltunterstellung, das sich auf ein Fingerschnippen seiner Frau senken kann.


Männerservice-Report #234, veröffentlicht am 22. Dezember 2020

Betroffene
Karl Ömen*
2 Kinder

In der Verantwortung
Dunja Ömen*
Bezirksgericht Dornbirn
Polizei Dornbirn
Österreichisches Rechtssystem, Gewaltschutz

Ort und Zeitraum:
Dornbirn, im Herbst

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